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Anwohner der Gunnestraße ärgert geplanter Mehrfamilienhausbau

„Familien sind chancenlos“

Paderborn-Elsen (WB). Ein eigenes Häuschen zentral in Paderborn-Elsen. Das ist auch der dringende Wunsch von Jonas Timmerberg. Der Familienvater von vier Kindern, sucht seit zwei Jahren ein passendes Grundstück. „Die Baupreise sind in Elsen unverschämt hoch, das ist uns vollkommen klar. Aber selbst, wenn man bereit ist, das zu zahlen, hat man keine Chance“, sagt der Elsener resigniert. Denn eigentlich wähnte sich Familie Timmerberg schon kurz vor dem Ziel – und zwar in der Gunnestraße.

Maike Stahl

Die Anwohner der Gunnestraße sind enttäuscht, dass ihr Engagement für eine Privat-Bebauung scheinbar umsonst war: (von links) Annika Laschütza, Helga Tölle, Dagmar Broszio, Kathrin und Dietmar Hillemeyer sowie vorne Wilfried Diekmann. Foto: Maike Stahl

Dort, so hatte Timmerberg von Freunden erfahren, bemühe sich die Nachbarschaft um ein fast 2200 Quadratmeter großes Grundstück, dessen Besitzerin vor einigen Jahren verstorben ist, um dieses dann unter privaten Bauherren aufzuteilen. „Eine tolle Initiative und eine großartige Chance für Familien wie uns“, sagt Timmerberg. Doch dieser Traum scheint nun zerplatzt. Anstelle von mehreren Eigenheimen und Doppelhäusern, sollen an Gunne­straße und Henkenstraße drei zweieinhalbgeschossige Sechs-Familienhäuser eines Investoren entstehen – mit Grundflächen von 175 und 260 Quadratmetern.

Enttäuschung ist riesengroß

Die Enttäuschung ist nicht nur bei Familie Timmerberg riesengroß. „Natürlich kann man einem Grundstückbesitzer nicht vorschreiben, an wen er verkauft. Aber wir haben uns bemüht, für ihn alles so einfach wie möglich zu machen“, erzählt Dietmar Hillemeyer, direkter Nachbar des besagten Grundstücks, das inzwischen bereits im Besitz des Investors sei, der im September den Bauantrag an die Stadt gestellt hat. Nachdem sich mehrere Interessenten für Ein- und Zweifamilienhäuser bei ihnen gemeldet hatten, wollten die Nachbarn die Angelegenheit für den Eigentümer so einfach wie möglich machen. „Deshalb wäre jemand bereit gewesen, das Grundstück zunächst als Ganzes zu kaufen und dann die Formalitäten mit der Vermessung und den Verkäufen an die Interessenten zu übernehmen“, sagt Kathrin Hillemeyer.

Stattdessen wird derzeit nun der Bauantrag für die Mehrfamilienhäuser vom Bauordnungsamt bearbeitet. Nach Auskunft der Stadt wird der Antrag aufgrund einer negativen Stellungnahme des Stadtplanungsamtes derzeit überarbeitet. Die überbaubare Grundstücksfläche sowie die zweigeschossige Bauweise füge sich aber in die Umgebung ein.

„Als wir erfahren haben, was stattdessen hier geplant ist, waren wir maßlos enttäuscht“, sagt Annika Laschütza, ebenfalls eine direkte Nachbarin. „Wenn man doch Leute hat, die bereit wären, diese Preise zu zahlen und die gewachsene Ein- und Zweifamilienhausstruktur zu erhalten, ist das kaum zu fassen. Es muss doch nicht alles mit so großen Klötzen vollgeknallt werden!“

Abgesehen von der Optik, befürchten die Nachbarn auch, dass ihre Straße dem dann entsprechend zunehmenden Anliegerverkehr gar nicht gewachsen ist. Eine Tiefgarage ist für die Mehrfamilienhäuser nicht vorgesehen, auf dem Grundstück selbst muss pro Wohneinheit wie überall im Stadtgebiet nur jeweils ein Stellplatz vorgesehen werden. „Das ist doch utopisch“, ärgert sich Winfried Diekmann, der mit seiner Familie gegenüber wohnt. Da mehrere sehr große Vier-Zimmer-Wohnungen geplant seien, gebe es mit Sicherheit in den meisten Haushalten mehr als nur ein Auto. „Und wo sollen die dann bitte hin?“, fragen sich die Nachbarn.

So gut wie keine Stellplätze

Es gebe so gut wie keine Stellplätze an der Straße wegen der vorhandenen Ausfahrten. Bei der Gunnestraße handele es sich um einen Wirtschaftsweg, der auch von landwirtschaftlichen Fahrzeugen genutzt werde, erläutert Dietmar Hillemeyer. Ausgebaut werden solle sie jetzt als verkehrsberuhigte Zone. „Aber die Trecker müssen trotzdem durchkommen. Es wird kaum möglich sein, ausreichend Stellplätze an der Straße zu schaffen.“ Die Situation an der Henkenstraße sei ganz ähnlich.

Deshalb hoffen nun doch noch alle auf Gesprächsbereitschaft seitens des Investors und der Stadt. Das Angebot der Nachbarschaft stehe nach wie vor. „Vielleicht können wir ja einen Kompromiss erzielen“, hofft Jonas Timmerberg.

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