1000 Jahre alte Bartholomäuskapelle bekommt »passende« Glocke
Geläut aus dem Mittelalter
Paderborn (WB). Nicht nur das Geläut des Paderborner Doms wird erweitert. Auch die benachbarte Bartholomäuskapelle bekommt jetzt eine Glocke. Die Form entsteht derzeit im Garten des ehemaligen Abdinghofklosters.
Auf der »Mittelalter-Baustelle«, die noch bis zum 19. August im Innenhof des Paderborner Stadtmuseums den Besuchern einen Eindruck davon gibt, wie vor rund 1000 Jahren gearbeitet wurde, hat auch der Freiburger Archäologe und Kunstgießer Dr. Bastian Asmus seine Werkstatt eingerichtet. Er modelliert gerade die Form für eine Glocke nach mittelalterlichem Vorbild. »Die Bartholomäuskapelle bekommt eine Glocke, die zu ihrer Entstehungszeit passt«, sagt er.
Die romanische Kapelle zwischen Dom und Kaiserpfalz, die die Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden hat, konnte im Vorjahr ihren 1000. »Geburtstag« feiern. Jetzt bekommt sie erstmals auch ein Geläut. Die kleine Glocke mit einem Durchmesser von 38 Zentimetern entsteht nach dem Vorbild der im 11. Jahrhundert verbreiteten Bienenkorbglocken, die ihren Namen nach ihrer Form erhalten haben.
Vorbild des Geläuts ist eine knapp 1000 Jahre alte Glocke
Dr. Bastian Asmus geht bei seinem geplanten Glockenguss historisch genau vor. Vorbild des Geläuts für die Bartholomäuskapelle ist eine knapp 1000 Jahre alte Glocke aus Hachem bei Sundern im Sauerland, die als eine der wenigen ihrer Art noch im Original erhalten ist. Sie läutete bis 1938 in der dortigen St.-Marienkirche und befindet sich heute im Museum der Glockengießerei Grassmayr in Innsbruck. Asmus hat sie dort exakt vermessen.
In Paderborn fertigt der Archäologe und Metallwissenschaftler eine baugleiche Kopie mit den handwerklichen Techniken, die schon im Mittelalter genutzt worden sind. In einer Kutte aus grobem Leinen und vor der Sonne mit einem Strohhut geschützt ist er am Samstag gerade damit beschäftigt, dem Wachsmodell der Glocke die Henkelkrone aufzusetzen. Bei der Beschaffung des Bienenwachses, das vor dem Guss erhitzt wird und damit den Platz für die Zinnbronze schafft, hat Bürgermeister und Hobbyimker Michael Dreier geholfen.
Glockenguss am ersten Liborisamstag
Am Mittwoch dieser Woche beginnt Asmus dann damit, den Lehmofen für den Guss aufzubauen. Der Glockenguss selbst soll am ersten Liborisamstag, 28. Juli, vor Ort erfolgen. »Für mich ist der Gusstag immer sehr anstrengend«, berichtet Asmus. »Ich bin von morgens um 6 Uhr bis gegen Mitternacht dabei.« Bei seinem letzten historischen Glockenprojekt hat Asmus drei Anläufe benötigt. In Paderborn soll aber gleich der erste klappen. In den Nachmittagsstunden des ersten Liborisamstags – etwa dann, wenn im Hohen Dom der Liboritusch erklingt – soll die flüssige Zinnbronze eingefüllt werden. Besucher können den Arbeitsgang im Abdinghof-Garten mit verfolgen. »Schön wäre es, wenn sie vom Flur der Stadtverwaltung aus zuschauen könnten«, sagt Asmus. »Wir müssen den Ofenbereich wegen der Hitze aus Sicherheitsgründen absperren.«
Wenn die Metalllegierung nach einigen Tagen ausgekühlt ist, kann die Lehmform entfernt werden. Erst dann wird sich zeigen, wie die neue Glocke, die im Dachreiter der Bartholomäuskapelle ihren Platz finden soll, klingt. »Planen kann man den Klang nicht exakt«, weiß Asmus. »Vermutlich wird es ein relativ heller Ton sein.« Der Klöppel, der die Glocke anschlägt, wird nach alter Handwerkskunst geschmiedet.
Die von Asmus angewandte Gusstechnik richtet sich nach den Beschreibungen des Benediktinermönchs Theophilus Presbyter, dessen Aufzeichnungen um das Jahr 1125 entstanden sind.
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