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Computermuseum beschäftigt sich jetzt auch mit der Digitalfotografie

Paderborner HNF schließt Ausstellungslücken

Paderborn

In den Anfangstagen der Digitalfotografie dauerte es bis zu einer Minute, bis ein Bild abgespeichert war – und das war oft arg pixelig. Heute wird mit Smartphones fotografiert, was das Zeug hält, besonders oft Pizza und anderes Essen. Das Paderborner Heinz-Nixdorf-Museumsforum (HNF)  befasst sich in einer neuen Abteilung mit der Geschichte der Digitalfotografie.

Von Dietmar Kemper

Neu im Heinz-Nixdorf-Museumsforum in Paderborn ist der Ausstellungsbereich zur Digitalfotografie.  Evelin Thomik zeigt eine Auswahl von Modellen, die die Entwicklung der Technik widerspiegeln.  Foto: Oliver Schwabe

„Digitalfotografie ist eine disruptive Technik, sie hat den 150 Jahre alten Strang der Analogfotografie zerstört“, sagte Stefan Stein vom HNF am Freitag (24. März). Mitte der 1990er Jahre seien die ersten Digitalkameras mit einigermaßen guter Qualität auf den Markt gekommen, und danach seien die Verkaufszahlen bis 2010 rapide gestiegen, ehe Handys wie das iPhone den Siegeszug beendet hätten.

In der Dauerausstellung sind 15 Modelle zu sehen, es geht um den schmalen Grat zwischen Bildverschönerung und Bildverfälschung, und an einer Selfiewand können sich Besucher zusammen mit einem Dinosaurier ablichten. Die Experten des Computermuseums haben insgesamt fünf Bereiche neu gestaltet oder ergänzt. Geschäftsführer Jochen Viehoff sagte: „Wir haben uns gefragt, wo wir Bereiche haben, die noch fehlen. Und diesmal haben wir nicht auf die Gegenwart, sondern in die Vergangenheit geschaut. Auch mit historischen Themen lassen sich aktuelle und neue Bezüge herstellen. “

Die ersten Hacker spielten mit der Modelleisenbahn

Die Besucher lernen viel Neues, zum Beispiel, dass die ersten Hacker am Massachusetts Institute of Technology im amerikanischen Cambridge mit der Modelleisenbahn spielten. „Ihr Ziel war es, Lokomotiven und Züge möglichst autonom fahren zu lassen“, erläuterte Dietmar Schulte. Mit der Zeit habe sich bei den Hackern die spielerische Herangehensweise in  kriminelle Energie verwandelt. Dafür stehen der Versuch, dadurch kostenlos zu telefonieren, dass man die Frequenz im US-Telefonnetz  manipulierte, mit der die Vermittlungsstellen arbeiteten.

Und dafür steht außerdem in der Ausstellung die „Maschine 1“.  Mit ihr versuchten zwei Bonner Wissenschaftler vor 50 Jahren,  in französischen Casinos die Karten beim Blackjack vorherzusagen. Sie verwendeten einen kleinen selbstgebauten Computer mit Sender und Empfänger, verbargen ihn unter ihrer Kleidung  und gaben während des Spiels die Daten zu den gespielten Karten verdeckt ein. Der Computer berechnete die nächste Karte, in einem Pfeifenetui waren kleine Lämpchen eingebaut, die den Spieler über das Rechenergebnis informierte. Lohn der Trickserei waren immerhin 30.000 DM, umgerechnet 15.000 Euro.

Das Casino-Virus will keiner haben

Kurios ist das Casino-Virus von 1990. War ein Computer von ihm befallen, erwartete dessen Besitzer ein Glücksspiel. Er hatte fünf Versuche, um zu gewinnen und so seine Daten zu bewahren. Zudem ergänzen Exponate und Informationen über Textsysteme die Dauerausstellung. Zu sehen sind die Magnetkarten-Schreibmaschine MK 72 von IBM und Tischrechner der Firma Wang, die das monotone Abtippen der immer selben Textbausteine auf der Schreibmaschine überflüssig machten und zum Beispiel das Mahnwesen erleichterten.  

Verblüffte Blicke dürfte die Abteilung mit den Minicomputern auslösen, denn „mini“ ist hier relativ. „In den 50er Jahren waren Computer so groß wie ein ganzer Raum, dann ersetzten Transistoren die Elektroröhren und Computer wurden kleiner“, berichtete David Woitkowski vom HNF. „So groß wie ein Klavier und eine halbe Tonne schwer“ (Woitkowski) ist der Analogrechner RA 770 der Firma Telefunken, der jetzt ebenfalls im HNF ausgestellt ist. Mit dessen Hilfe simulierte VW die Radaufhängung an ihren Fahrzeugen.

Das Telefunkengerät gehört zu den Analogrechnern, die mit Gleichungen statt mit digitalen Zahlen operieren und Ergebnisse in Echtzeit liefern. In Forschungseinrichtungen und den Bereichen Naturwissenschaft und Technik waren sie lange beliebt. Addiert wurde zum Beispiel mit Widerständen statt Mikrochips. Obwohl ihnen digitale Rechner dank einfacherer Bedienung den Rang abgelaufen haben, könnten Analogrechner wieder interessant werden. Der Grund: Sie brauchen weniger Strom. „Durch analoge Komponenten in digitalen Geräten ließe sich massiv Energie sparen“, ist David Woitkowski überzeugt.

„Sachen-machen-Tag“ im HNF am 2. April

Die neuen oder ergänzten Ausstellungsbereiche sind im 2. Obergeschoss angesiedelt, eine kostenlose Möglichkeit, sie unter die Lupe zu nehmen, besteht am Sonntag, 2. April, beim „Sachen-machen-Tag“, der sich vor allem an Familien richtet. Das HNF ist dienstags bis freitags von 9 bis 18 und am Wochenende von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

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