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IHK stellt Konjunkturumfrage vor – Stimmung hat sich eingetrübt

Firmen im Kreis Paderborn sparen beim Umweltschutz

Paderborn

Die Firmen im Kreis Paderborn fahren ihre Investitionen in den Umweltschutz zurück. In der Industrie kündigten nur noch 26 Prozent der von der IHK befragten Unternehmen an, dafür Geld ausgeben zu wollen. Im Frühjahr 2022 waren es noch 39 Prozent.

Von Dietmar Kemper

Jürgen Behlke, Claudia Auinger und Thilo Pahl (von links) stellten in Paderborn die Ergebnisse der IHK-Frühjahrskonjunkturumfrage für den Kreis Paderborn vor. Foto: Dietmar Kemper

„Am Ende kostet Umweltschutz sehr viel Geld – wenn ich als Unternehmer sparen muss, ist das ein Punkt, an dem ich ansetzen kann“, sagte der Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld, Thilo Pahl, am Mittwoch (22. März) bei der Vorstellung der Ergebnisse der Frühjahrskonjunkturumfrage für den Kreis Paderborn.  An der Befragung im Januar und Februar beteiligten sich 508 Unternehmen mit fast 22.000 Beschäftigten.

Je nach Wirtschaftszweig haben sich die Aussichten mehr oder weniger stark eingetrübt. Pahl sieht die Gründe dafür in den hohen Energiepreisen, der Inflation, weniger Aufträgen in der Industrie und dem eher gedämpften Weihnachtsgeschäft für den Handel. Hinzu komme übergreifend der Fachkräftemangel, der ein immer größeres Problem darstelle.

Der Blick auf die Zahlen zeigt: In der Industrie bewerten 16 Prozent der befragten Unternehmen die aktuelle Geschäftslage als schlecht, und 55 Prozent gehen davon aus, dass das so bleibt. Zwar wird die Lage skeptischer beurteilt, aber bei weitem nicht so verheerend wie noch während der Corona-Pandemie, als zum Beispiel 2021 sogar 65 Prozent der interviewten Firmen von einer schlechten Geschäftslage sprachen. Die Auslastung der Produktion ist 2023 weiter hoch: Bei 43 Prozent der Firmen liegt sie bei über 95 Prozent. Nur bei 17 Prozent ist sie unter die als kritisch bewertete Grenze von 80 Prozent gesunken.  

Die Befragung zeigte, dass die heimische Industrie aktuell im Ausland so gut wie gar nicht investieren will und sich auch im Inland zurückhält. Wenn investiert wird, dann in Ersatzbeschaffung, Rationalisierung, Produktinnovation und Kapazitätsausweitung –  Umweltschutz kommt erst ganz zum Schluss. Die hohen Strom-, Gas- und Benzinpreise wollen 68 Prozent der befragten Firmen an ihre Kunden weitergeben. 

Energie- und Rohstoffpreise große Belastung

„Der Handel bewertet die momentane Lage noch überwiegend gut“, blickte der IHK-Zweigstellenleiter für Paderborn und Höxter, Jürgen Behlke, auf die Branche, die besonders unter der Konkurrenz im Internet leidet. Zwar erwarten 37 Prozent der Händler schlechtere Zeiten (2022: 28 Prozent), aber Behlke erwartet  keine spürbaren Auswirkungen auf die Zahl der Beschäftigten. Laut Umfrage stuft der Handel die Energie- und Rohstoffpreise als größtes Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung ein. 

Als „Lichtblick“ bezeichnete Behlke die Situation im Dienstleistungsgewerbe. Hier bezeichnen 39 Prozent der Befragten die aktuelle Geschäftslage als gut, im Frühjahr 2022 waren es 38 Prozent. Tendenziell nehme die Zahl der Beschäftigten zu, stellte der IHK- Geschäftsführer fest und betonte: „Das Hauptrisiko liegt im Bereich des Fachkräftemangels.“ Viele Firmen im IT-Sektor profitierten davon, dass in Digitalisierung investiert werde.

Bei Reisen wird nicht gespart

Die stellvertretende Geschäftsführerin Claudia Auinger ergänzte, auch in der Gastronomie und der Reisebranche zeige sich eine deutliche Belebung nach der Corona-Tristesse: „In den Reisebüros wurde mir gesagt, dass die Menschen an anderen Dingen sparen, aber nicht am Reisen.“ In der Gastronomie nähmen zwar die Umsätze zu, aber gleichzeitig würden die Erträge sinken. Auinger: „Die Marge wird immer dünner.“ 

Im Kreis Paderborn üben 49 Prozent der Beschäftigten Dienstleistungsberufe aus, 30 Prozent arbeiten im produzierenden Gewerbe, 20 Prozent in den Bereichen Handel, Gastgewerbe und Verkehr. Mit 125.945 Beschäftigten wurde Ende 2022 ein Allzeithoch erzielt, gegenüber dem Vorjahr bedeutete das ein Plus von 2,6 Prozent. Im Februar betrug die Arbeitslosenquote nur 5,5 Prozent.

Pahl: „Verbote sind Gift“

Dass die Wirtschaft am Umweltschutz spart, wird den grünen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nicht freuen. Auf ihn ist die heimische IHK ohnehin nicht gut zu sprechen. „Verbote zu definierten Zeitpunkten ist das größte Gift für Unternehmen“, kritisierte Pahl die Pläne, den Einbau von neuen Öl- und Gasheizungen ab 2024 zu untersagen. Das führe zu Panikkäufen von Heizungen, zu Preissprüngen bei Wärmepumpen und zu unerwünschten Effekten in anderen Branchen. Pahl ist Geschäftsführer das Badherstellers Bette in Delbrück und spürt gerade, dass Kunden nur noch Heizungen im Kopf haben und Pläne für ein neues Bad zurückstellen. Unternehmen bräuchten stabile Rahmenbedingungen und Technologiefreiheit, mahnte Pahl. 

Behlke: Politik „ideologiegetrieben“

Die Politik in Berlin sei „stark ideologiegetrieben“, kritisierte Behlke und sieht diese Gefahr auch in der Paderborner Lokalpolitik. Wenn es um Mobilität gehe, werde der Akzent stark auf Radfahrer und Fußgänger gelegt: „Ich habe den Eindruck, die Stadt will grün werden. Aber angesichts von 60.000 Berufspendlern wird das Auto, egal wie es angetrieben wird, dauerhaft ein Thema bleiben.“

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