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Paderborner Agentur für Arbeit appelliert an Firmen, ihre Mitarbeiter jetzt qualifizieren zu lassen

„Keine Anzeichen für große Insolvenzwelle“

Paderborn

Erstmals seit 2009 sind im Kreis Paderborn die Arbeitslosenzahlen gestiegen. Zum Ende des vergangenen Jahres gab es 1610 mehr Männer und Frauen ohne Job als noch im Jahr zuvor. „Bis jetzt sind wir allerdings mit einem blauen Auge davon gekommen“, meint der Leiter der Paderborner Arbeitsagentur, Heinz Thiele, mit Blick auf die Corona-Pandemie und die weiteren Folgen.

Ingo Schmitz

Ende 2020 waren insgesamt 10.213 Menschen im Kreis Paderborn arbeitslos gemeldet. Foto: Oliver Schwabe

Ende 2020 waren insgesamt 10.213 Menschen im Kreis Paderborn arbeitslos gemeldet. In dieser Zahl nicht enthalten sind weitere rund 1900 Betroffene, die sich in verschiedenen Maßnahmen befinden. Auch die drohenden Arbeitsplatzverluste im Zuge der Planinsolvenz am Flughafen Paderborn-Lippstadt werden hierbei nicht berücksichtigt. Weil sich die 82 Betroffenen noch bis Ende 2021 in der Transfergesellschaft befinden, werden sie nicht mitgezählt.

Wie sich der Arbeitsmarkt nun weiter entwickeln wird, sei schwer zu prognostizieren, erklärte Thiele am Montag. „Ich habe die Hoffnung, dass wir uns nach der Krise schnell wieder erholen können“, stellte er fest. Er gehe davon aus, dass es zu keiner großen Insolvenzwelle kommen werde. Dafür gebe es derzeit keine Anzeichen.

Überdeckt werde die Krise derzeit durch die extrem hohe Kurzarbeiter-Quote. Allein im April gab es im Kreis Paderborn 1673 Kurzarbeitsanzeigen und 30.485 betroffene Personen. Die Zahl sank zunächst langsam, dann aber bis September drastisch. Im November, dem Beginn des erneuten Lockdowns, sind die Zahlen aber wieder gestiegen. Zum Jahresende befanden sich etwa 2900 Beschäftigte in Kurzarbeit.

Sämtliche Branchen nutzten aktuell die Möglichkeiten: Selbstverständlich seien Einzelhandel, Gastronomie und Hotellerie vertreten, aber auch Elektro und Metall. „Auch das Handwerk ist mitunter vertreten, weil die Zulieferung unterbrochen ist.“

Zwischen 2009 und 2019 hat die Zahl der Arbeitslosen permanent abgenommen. Nicht nur wegen Corona sind die Zahlen im vergangenen Jahr gestiegen. Foto: Arbeitsagentur für Arbeit

Heinz Thiele warb am Montag ausdrücklich für die Kurzarbeit: „Mit den erleichterten und verbesserten Regelungen zum Kurzarbeitergeld bis zum Ende des Jahres 2021 werden wir uns auch in Zukunft darum bemühen, möglichst viele Entlassungen zu vermeiden. Durch das Instrument können die Betriebe ihre Beschäftigten halten. Es besteht also die Hoffnung, dass die Mitarbeiter nach der Krise wieder voll eingesetzt werden können. Die Unternehmen sollten aber gerade jetzt die Gelegenheit nutzen, ihre Mitarbeiter weiter zu qualifizieren.“ Die Pandemie habe den Strukturwandel, der schon vor Corona sich abgezeichnet habe, weiter beschleunigt. Dem müssten die Firmen jetzt Rechnung tragen, in dem sie die Mitarbeiter darauf vorbereiteten und schulen ließen. „Die Betriebe sollten alles, was möglich ist, jetzt qualifizieren, so lange die Auftragsbücher leer und die Geschäfte geschlossen sind“, sagte Thiele auch angesichts des Drucks, der durch den wachsenden Fachkräftemangel entsteht. „Und die geburtenstarken Jahrgänge kommen erst noch“, erklärte er mit Blick auf die kommenden Jahre. Zwischen 2021 und 2029 wechseln rund 24.000 Arbeitnehmer in den Ruhestand – das sind durchschnittlich 2665 Beschäftigte pro Jahr und somit mehr, als nachkommen.

Die größten Sorgen hat die Agentur für Arbeit im Bereich der Ausbildung. Der Rückgang der Ausbildungsstellen wird derzeit mit 18 Prozent angegeben. Das sei angesichts der Lage zwar verständlich, werde aber fatale Auswirkungen in vielen Branchen haben. Im März werde man da klarer sehen, sagte Thiele.

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