Bitterböse Komödie „Seid nett zu Mr. Sloane“ hat Premiere im Großen Haus
Keine Moral auf Paderborns Bühne
Paderborn
Joe Orton galt als Theaterstar, konnte aber vor allem eines: sich selbst inszenieren. Mit nur 34 Jahren starb der Engländer unter den Hammerschlägen seines eifersüchtigen Partners. Jetzt wird Orton auf den Theaterbühnen wiederentdeckt, am Samstag auch in Paderborn.
Im Großen Haus hat um 19.30 Uhr „Seid nett zu Mr. Sloane“ Premiere. Regie führt Klaus Kusenberg, lange Jahre Theaterdirektor in Nürnberg und überzeugt davon, dass es sich lohnt, Joe Orten wieder ins Scheinwerferlicht zu rücken. „In Deutschland ist er relativ unbekannt, aber in den 60er und 70er Jahren hatte er Kultstatus und feierte sensationelle Erfolge am West End in London“, sagte er am Montag bei der Vorstellung des Stücks.
Orten stehe für drastische Darstellung, die ganze Bandbreite der Gefühle, für Gewalt, Vitalität und Widersprüchlichkeit. Ortens Theater spiegele die Lebenssituation des homosexuellen Enfant Terribles wider, „das sich in einem feindlichen Umfeld bewegen musste“.
Ein Narzisst, wie er im Buche steht
Ortens Titelheld Mr. Sloane geht es anfangs ganz anders. Er hat Katrin, ihren Bruder Ed und deren Vater Kemp mit seinem Charme für sich eingenommen, wohnt bei ihnen und lässt es sich gutgehen. Er ist einerseits attraktiv und gewitzt, andererseits unberechenbar und auf der Suche nach den Schwachstellen der Familie. Aber dann gerät Sloane selbst unter Druck: Kemp ist sich mehr und mehr sicher, dass es Sloane gewesen sein muss, der damals seinen Chef tötete.
Dramaturg Daniel Thierjung verspricht eine „sehr temporeiche und unterhaltsame Komödie“, in der das Publikum immer wieder auf neue Fährten gelockt werde. Sloane sei eine „herrlich amoralische, skrupellose Figur“. Die Zuschauer erwartet am Samstag also Anschauungsunterricht in Sachen Narzissmus und eine geballte Portion bitterböse Komik.
Zwei Gastschauspieler
Sie erwartet aber auch Musik, etwa von Amy Winehouse und Dusty Springfield. Der Gesang kommt nicht vom Band, sondern aus dem Mund von Frank Damerius, der den Kemp spielt. Zweiter Gastschauspieler in der Premiere wird Hubertus Brandt sein, der Sloane mimt. Vervollständigt wird die Besetzung durch die heimischen Ensemblemitglieder Kirsten Potthoff (Kathrin) und Alexander Wilß (Ed).
Paderborns Intendantin Katharina Kreuzhage und Klaus Kusenberg verbindet übrigens nicht nur die Liebe zum Theater, in Kusenbergs Zeit in Mannheim war Kreuzhage seine Assistentin. Zurück zu Joe Orton: Er selbst kokettierte mit seiner körperlichen Attraktivität, bezeichnete sich als „bestgebauten Bühnenautor seiner Zeit“, er brüstete sich damit, dass er im Gefängnis saß, weil er Kunstbücher in Bibliotheken mit eigenen Collagen und Zeichnungen „veredelte“. Rebell, Genie oder nur grenzenloser Selbstdarsteller? Die Meinungen gehen hier auseinander. In „Seid nett zu Mr. Sloane“ lebt Orton weiter. Noch gibt es für die Premiere am Samstag Karten.
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