Kirsten Potthoff und Josephine Mayer in Paderborn ausgezeichnet
Liebeserklärung ans Theater
Paderborn (WB). „Dieser Beruf macht mich mehr als glücklich“, sagte Kirsten Potthoff und war sichtlich gerührt, als ihr am Sonntag der Theaterpreis der Theaterfreunde Paderborn überreicht wurde. Eine zweite Glasstele drückte der Vorsitzende des Fördervereins. Rainer Rings, Josephine Mayer in die Hand. Die gab das Kompliment für ihre schauspielerische Leistung an die Zuhörer weiter: „Wir könnten nicht so glücklich und gut auf der Bühne sein, wenn Sie nicht da wären.“
Bei „Little Voice“ gemeinsam auf der Bühne
Kirsten Potthoff hatte in dem Whistleblower-Drama „Wild“ als undurchsichtige Frau, die jeden Vorteil für sich zu nutzen weiß, geglänzt, Josephine Mayer als trinkende, von ihrer Ehe desillusionierte Martha in „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“. Gemeinsam standen die beiden Schauspielerinnen in „Little Voice“ auf der Bühne. Der Laudator und Kulturjournalist Stephan Keim lobte das umfassende schauspielerische Spektrum der beiden Darstellerinnen.
Die Verleihung der Theaterpreise bildete nur einen der Höhepunkte der Theatermatinee. Wie sehr das Theater in Paderborn jemanden prägen kann, machte der Festredner Carl Hegemann deutlich. Obwohl der gebürtige Paderborner als Dramaturg an renommierten Häusern wie der Berliner Volksbühne, dem Schauspielhaus Bochum und dem Thalia-Theater in Hamburg gewirkt hat, bezeichnete er die damaligen Westfälischen Kammerspiele als „das entscheidende Theater in meinem Leben“.
In einem „schwarzen und vernagelten Paderborn“ habe er als Jugendlicher und junger Mann in den 50er und 60er Jahren dank des Theaters erlebt, dass es Alternativen zu Kirche und CDU gibt. „Die Erfahrung, dass sich Erwachsene nicht nur an Karneval verkleiden dürfen, war für mich etwas Ungeheuerliches“, erzählte Hegemann. Auf der Bühne seien andere Welten spielerisch hergestellt worden, und bis heute stelle jedes Theater ein „fröhliches Reich des Spiels und Scheins“ dar, in dem keine gesellschaftlichen Zwänge gelten.
Honervogt wünscht sich „AfD-freie Zone“
Paderborns stellvertretender Bürgermeister Dieter Honervogt warb leidenschaftlich für das Theater und für Kultur allgemein. „Sie tun Paderborn gut“, sagte er mit Blick auf Intendantin Katharina Kreuzhage. Bei der Auseinandersetzung um die Ankündigung des Max-Frisch-Stücks „Andorra“, bei der im Programmheft Wahlergebnisse der NSDAP denen der AfD gegenübergestellt worden waren, habe Kreuzhage dem Druck der AfD „mutig“ widerstanden. Ein solches Verhalten werde heute noch wichtiger, sagte Honervogt, der sich Paderborn „als AfD-freie Zone“ wünscht. Kultur habe eine höhere Wertschätzung bekommen und dürfe in der Kommunalpolitik nicht nur ein Anhängsel sein. Honervogt: „Kultur darf nicht erst an letzter Stelle kommen – nicht erst dann, wenn die letzte Schule gebaut und das letzte Feuerwehrfahrzeug angeschafft sind.“
Landrat Manfred Müller blickte 100 Jahre zurück – ins brodelnde Weimarer Kulturleben der 1920er Jahre, ehe es zehn Jahre später von den Nazis erstickt wurde. „Kultur ist die Luft und der Duft der Demokratie“, sagte Müller. Aber weil sie nicht unverletzlich sei, müsse sie verteidigt werden. Er dankte Kreuzhage dafür, dass sie im Spielplan Themen wie Rassismus, Populismus und religiöse Toleranz aufgreife.
Rainer Rings sprach rückblickend von einem „hervorragenden Theaterjahr“ und betonte: „Theater rundet das Image einer Stadt ab und signalisiert Fachkräften, dass Kultur einen hohen Stellenwert hat“.
Chor als Teambuildingmaßnahme
Und dann gab es noch etwas ganz Besonderes: Zum ersten Mal trat der Theaterchor auf und begeisterte gleich auf Anhieb. Den Chor gebe es seit zweieinhalb Jahren und er sei „äußerst schüchtern“, erzählte Katharina Kreuzhage. Der Chor ist demnach nicht als Visitenkarte gedacht, sondern als Teambuildingmaßnahme. Die Schauspieler kommen einmal in der Woche zusammen, um ihre Stimmen zu schulen und mit ihnen zu experimentieren. Sie lernen etwas, was – anders als die Theaterstücke – später nicht aufgeführt wird. Am Sonntag sangen sie „Du hast nen Freund in mir“ und, zusammen mit dem Publikum, „I love you“. Eine Liebeserklärung ans Theater.
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