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Analogtechnik soll für Notfälle erhalten bleiben

Lühnen bricht Lanze fürs Radio

Paderborn (WB). Die zunehmende Digitalisierung findet Xaver Lühnen wunderbar. Aber wenn es um das Radio geht, versteht der Elektronik-Dozent keinen Spaß. Der Paderborner bricht eine Lanze für die Kurzwelle, die als analoges Medium und wichtige Alternative nicht abgeschaltet werden dürfe.

Maike Stahl

Xaver Lühnens Leidenschaft sind Radios. Die zunehmende Digitalisierung bereitet ihm in einer Hinsicht allerdings Sorge: Die Bevölkerung sei in Krisenzeiten über analoge Kurzwellentechnik am leichtesten zu informieren. Fotos: Jörn Hannemann

»Wir müssen einen Analogsender als nationalen Notsender behalten«, fordert Lühnen. Selbst wenn es »nur« einen großflächigen Stromausfall gebe, sei die Bevölkerung über Digital- und Internetradio nicht mehr zu erreichen. Über Kurzwelle könne hingegen im Ernstfall mit einfachsten Mitteln informiert werden. Deshalb verfolgt der 65-Jährige die aktuelle Diskussion über die Zukunft des UKW-Empfangs mit größter Sorge. »Langwelle wurde vor zehn Jahren abgeschaltet, die Mittelwelle vor zwei Jahren, als auch bei der Kurzwelle der Rückzug eingeleitet wurde«, sieht Lühnen die Entwicklung mit Sorge.

Immun gegen Schadsoftware

»Digitalradio, beispielsweise über DAB+, ist toll. Es ist rauschfrei, kristallklar und zumindest über das Internet scheinbar unbegrenzt verfügbar«, sagt Lühnen, der auch schon ein Digitalradio selbst gebaut hat. »Die Technik ist allerdings auch unglaublich empfindlich, softwaregesteuert und dementsprechend leicht lahmzulegen.« Zudem sei ein sehr dichtes Netz an Sendemasten erforderlich, um alle Haushalte zu erreichen. Ein weiterer Kritikpunkt von Lühnen: »Man kann nur die vorgegebenen Sender empfangen. Über die Kurzwelle kann ich auch ausländische Sender hören.« Einen Kurzwellenempfänger könne außerdem fast jeder mit einfachsten Mitteln selbst bauen. Außerdem sei dieser immun gegen Schadsoftware und Einflussnahme von außen.

Notfallradios mit Batterie oder Kurbel

Die Sendetechnik selbst sei auch bei Stromausfall über Generatoren zu erhalten. Die Notfallradios sollten über Batterie oder eine Kurbel betrieben werden können. »Das kann man ja mit moderner Technik kombinieren, zum Beispiel über Akku mit USB-Lademöglichkeit«, sagt der 65-Jährige, der selbst leidenschaftlicher Radiobastler ist. Seine Idee: »Die Bundesregierung könnte jedem Haushalt ein entsprechendes Gerät oder eine Bauanleitung zur Verfügung stellen. Wenn wir zudem einen Sender erhalten würden, hätten wir politisch und technisch viel erreicht.«

Kurzwellenempfänger mit einfachsten Mitteln gebaut

Wie einfach ein Kurzwellenempfänger aussehen kann, zeigt Xaver Lühnen gerne. »Ein russischer Kriegsgefangener hat 1945 ein Radio aus Konservenbüchsen gebaut.« Dazu genügten ein paar Meter Kupferdraht, ein Bergkristall, etwas Pappe, ein Graphit-Bleistift, zwei Blechdosen zur Senderabstimmung sowie ein Kopfhörer. »Wenn Radiosender aus größeren Entfernungen gehört werden wollten, kam noch eine einfache Verstärkerröhre oder später ein Transistor hinzu.«

»Nicht nur auf digitale Medien verlassen«

Xaver Lühnen ist es ein Anliegen, dass über den Erhalt der Kurzwelle diskutiert wird. »Wir sollten uns in dieser immer anfälliger werdenden und krisengeschüttelten Zeit nicht nur auf die digitalen Medien verlassen.«

Andere Länder wie Frankreich und England hätten beispielsweise wenigstens einen Analogsender erhalten. In Deutschland wurde 2017 ein »Aktionsplan für die Transformation der Hörfunkverbreitung ins digitale Zeitalter beschlossen.« Ein Abschaltdatum für die Analog-Technik gibt es allerdings noch nicht. In Norwegen hingegen ist die analoge Radio-Übertragung bereits jetzt weitgehend Geschichte.

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