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Bei den Arbeiten im Gymnasium Theodorianum wundern sich die Archäologen

Mittelalterliche Mauern unterm Schulhof

Paderborn (WB). Die Umgestaltung des Schulhofs des Gymnasiums Theodorianum freut nicht nur die Schüler, sondern auch die Archäologen. Sie haben auf dem 700 Qua­dratmeter großen Areal interessante Funde gemacht.

Dietmar Kemper

Im Innenhof des Gymnasiums Theodorianum präsentieren Robert Gündchen (links) und Robert Süße eine Auswahl der entdeckten Fundstücke. Darunter befinden sich Rand- und Wandscherben von Gefäßen aus dem 13. Jahrhundert. Foto: Jörn Hannemann

Die Wissenschaftler stießen auf Mauer- und Gebäudereste aus dem Mittelalter. Unübersehbar ist eine bis zu 80 Zentimeter dicke Mauer, die in Nord-Süd-Richtung verläuft. »Diese Mauer interpretieren wir als Grenze des Klosters«, sagte am Donnerstag die Paderborner Stadtarchäologin Dr. Sveva Gai vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe. Die Mauer stamme aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, und das passe zu dem überlieferten Umstand, dass die Kirche des Minoritenklosters zwischen 1245 und 1260 gebaut worden sei, erläuterte die Expertin.

Nach den Minoriten kamen die Jesuiten

Der heutige Schulhof des Gymnasiums war damals vermutlich Teil des Klostergartens. Etwa 60 bis 70 Mönche dürften der Gemeinschaft, einer Abzweigung des Franziskanerordens, angehört haben. Die Bevölkerungszahl Paderborns im 13. Jahrhundert schätzen Experten wie der Archäologe Robert Gündchen auf 3000 bis 5000 Personen. In den Wirren der Reformation und Gegenreformation im 16. und 17. Jahrhundert endete die Geschichte der Minoriten in Paderborn und begann die Zeit der Jesuiten, die mit der heutigen Marktkirche und der Theologischen Fakultät das Stadtbild mitprägten und auch dem heutigen Gymnasium Theodorianum lange Zeit ihren Stempel aufdrückten. Die Jesuiten übernahmen das Gelände der Minoriten. Die noch verbliebenen Mönche wurden vermutlich umgesiedelt.

Fundamente des Klosters waren 2016 entdeckt worden

Bereits 2016 hatten die Archäologen auf dem Schulhof vor der Theologischen Fakultät die Fundamente des ehemaligen Klosters entdeckt. Die damals dokumentierten Mauerreste passten zu einem Gebäudeplan aus dem Jahr 1592. Aber für den Bereich, wo die Archäologen unter der Leitung von Robert Süße seit dem 25. Februar graben, befand sich laut diesem Plan eine unbebaute Fläche. Entsprechend rechneten Süße und Gai nicht damit, hier auf Gebäudereste zu stoßen. Offenbar markierte die wuchtige Mauer die Grenze zwischen dem Kloster und der städtischer Bebauung westlich von ihm. Die Gebäude aus dem Spätmittelalter sind dann irgendwann vor 1592 abgerissen worden.

Die Forscher entdeckten eine zweite Mauer, die die Rückwand zweier Räume bildete. In einem von ihnen kamen Reste eines eingestürzten Gebäudes zum Vorschein. Darüber hinaus fanden die Archäologen mehrere Schächte, darunter sehr wahrscheinlich zwei Latrinen, die während des 17. Jahrhunderts als Abwasserschächte umfunktioniert und weiter verwendet wurden.

Bei den Grabungen machten die Archäologen tausende Funde, die laut Robert Gündchen »sechs bis sieben große Plastikkisten« füllten. Sie stammen aus der Zeit vom 13. Jahrhundert bis 1977 (Aufkleber einer kirchlichen Veranstaltung). Besonders wertvoll sind Wand- und Randscherben von Gefäßen aus dem 13. Jahrhundert wie zum Beispiel Kannen. Bis Ende Juni sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. »Wir leben ohne Schulhof«, bedauert die Leiterin des Gymnasiums, Nicole Michaelis, und erinnerte daran, dass der Hof eigentlich nach den Osterferien gepflastert sein sollte. Zum neuen Schuljahr soll es so weit sein.

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