Deutsch-Türkische Gesellschaft und Caritasverband Paderborn bringen Spenden auf den Weg
Paderborner organisieren Hilfe für Erdbebenopfer
Paderborn
Nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien nutzt die Deutsch-Türkische Gesellschaft Paderborn (DTG) ihre Beziehungen zum Istanbuler Stadtteil Beylikdüzü, um den Menschen dort zu helfen. Außerdem sei mit dem Flughafen Paderborn/Lippstadt vereinbart worden, dass eine Halle für Sachspenden zur Verfügung gestellt wird. Das sagte der Vorsitzende der DTG, Wolfgang Weigel, am Dienstag. Der Diözesan-Caritasverband Paderborn wiederum macht 30.000 Euro als Soforthilfe für die Gruppe von Schwester Annie Demerjian im syrischen Aleppo locker.
„Wir haben schon Kontakt mit Beylikdüzü aufgenommen und werden vom dortigen Bürgermeisteramt eine Liste mit den besonders benötigten Gegenständen bekommen“, erläuterte Weigel. In dem Stadtteil, der – wie mehrfach berichtet – gern eine Städtepartnerschaft mit Paderborn eingehen würde, würden entsprechende Sammellager eingerichtet, so der DTG-Vorsitzende. Der Vorstand der DTG traf sich am Dienstagabend, um Details der Hilfsaktion aus Paderborn zu besprechen.
Geplant ist demnach, einen Lkw mit Gütern über den Landweg loszuschicken. Nachdem er Bulgarien passiert hat, soll er im türkischen Edirne in Empfang genommen werden. Die Paderborner Spedition Hartmann habe bereits angekündigt, einen Lkw zur Verfügung zu stellen, sagte Weigel. Ein Transport per Flugzeug sei nicht sinnvoll, weil dann weniger Tonnage transportiert werden könnte.
So wie die anderen Mitglieder der DTG ist Weigel erschüttert über die Nachrichten und Bilder aus dem türkisch-syrischen Grenzgebiet. Es sei tragisch und grausam, dass das Erdbeben sich ausgerechnet dort ereignet habe, wo ohnehin kaum Infrastruktur vorhanden sei.
Deutsch-Türkische Gesellschaft plant Benefizkonzerte
Die DTG will außerdem über Benefizkonzerte Geld für die Betroffenen sammeln. Dazu solle der Chor „Padermelodie“ reaktiviert werden, kündigte Weigel an. Ein erstes Treffen werde es am kommenden Sonntag um 10.30 Uhr in der Bäckerei Mertens (Detmolder Straße 210) geben. Der Chor „Padermelodie“ hatte in der Vergangenheit türkische und deutsche Lieder gesungen, das Vereinsleben war aber im Zuge der Pandemie eingeschlafen. Für die Erdbebenhilfe soll er zum Beispiel beim „Internationalen Fest der Begegnung“ auftreten.
Paderborner Kirchengemeinden hätten sich bereits an die DTG gewandt und ihre Hilfsbereitschaft bekundet, berichtete Weigel weiter. Er ist überzeugt: „Im Erdbebengebiet ist langfristige Hilfe nötig. Wenn das Erdbeben aus den Schlagzeilen raus ist, beginnt die Arbeit erst. “
Unterdessen verwies der Diözesan-Caritasverband Paderborn am Dienstag darauf, dass die vom Erdbeben heimgesuchten Menschen bereits seit Jahren vom Bürgerkrieg in Syrien gebeutelt seien. „Die Mitglieder der Helfergruppe in Aleppo, die 450 Familien bei den Lebenshaltungskosten oder ihrer Miete regelmäßig finanziell unterstützen, sind nun selbst auf Hilfe angewiesen“, heißt es in einer Mitteilung.
„Viele Gebäude sind vom Einsturz bedroht“, habe Schwester Annie Demerjian in einer Sprachnachricht am Montagabend mitgeteilt und erklärt: „Unsere Helfer haben daher Zuflucht in einer Kirche gefunden, solange die Nachbeben andauern.“ In dem Katastrophengebiet sei es fast unmöglich zu leben. Die Schwester: „Schon vor dem Erdbeben waren die Menschen in Syrien von Hunger bedroht. Der kontinuierliche Anstieg der Preise, der Kollaps der syrischen Währung und die dadurch bedingt stetig sinkenden Löhne lassen die Armut ständig wachsen.“
Syrien: In vielen Städten Elektrizität nur bis zu vier Stunden täglich
Vor allem der Mangel an Energie lähme das Land, in den meisten syrischen Städten sei Elektrizität normalerweise nur zwischen ein und vier Stunden täglich verfügbar. Nun habe das Erdbeben selbst diese rudimentäre Versorgung teilweise unterbrochen. Die Helfergruppe selbst gehe am Stock: „Am schlimmsten ist es, wenn uns Familien um Nahrungsmittel, Milch für ihre Kinder, oder Medikamente bitten – und wir haben nichts mehr, das wir ihnen geben können“, sagt Schwester Annie Demerjian. Aktuell hätten die Menschen weder Essen noch Decken, und das bei Temperaturen um den Gefrierpunkt.
Auch einen persönlichen Verlust hat die Gruppe um Schwester Annie Demerjian nach Angaben des Caritasverbandes zu beklagen: Ein katholischer Priester sei in Aleppo in einem eingestürzten Gebäude ums Leben gekommen.
Der Caritasverband für das Erzbistum Paderborn bittet unter dem Motto „Gemeinsam helfen helfen“ um Spenden (Konto: IBAN DE 54 4726 0307 0000 0043 00 bei der Bank für Kirche und Caritas mit dem Stichwort „Erdbebenhilfe Syrien“ oder über das Spendenportal der Caritas-Stiftung www.gemeinsamhelfenhelfen.de, Direktlink: http://twn.gl/hilfesyrien).
Paderborner Vertreter der Hilfsorganisationen blicken ins Krisengebiet
Vom Kreis Paderborn aus blicken auch die Vertreter verschiedener Hilfsorganisationen auf die Lage nach dem verheerenden Erdbeben. Über Rettungshundestaffeln beispielsweise verfügen das Deutsche Rote Kreuz (DRK), Kreisverband Paderborn, die Malteser im Erzbistum Paderborn und die Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH), Regionalverband Ostwestfalen. Hilfskräfte werden die Kreis- beziehungsweise Regionalebenen dieser Organisationen allerdings vorerst nicht in das Krisengebiet entsenden.
Dazu verweisen die lokalen Vertreter von DRK, THW, Maltesern und Johannitern auf die jeweilige zentrale und bundesweite Organisation der Hilfe. Einen Grund nennt Martin Münsterteicher, im DRK-Kreisverband Paderborn für Mitglieder, Ehrenamt und Bevölkerungsschutz zuständig: „Für Auslandseinsätze sind spezielle Anforderungen notwendig.“ Das gelte auch für Rettungshundestaffeln. Die Hunde, die das DRK einsetzt, seien für Flächensuchen trainiert. „Im Erdbebengebiet sind aber Hunde wichtig, die verschüttete Menschen unter Trümmern aufspüren müssen“, so Münsterteicher.
Unterdessen verfolgen auch Vertreter der drei syrisch-orthodoxen Gemeinden im Erzbistum Paderborn, St. Aho, St. Afrem und St. Marien, die Geschehnisse in Syrien und der Türkei. Auch sie wollen zeitnah Spendenaktionen starten beziehungsweise über Möglichkeiten der Unterstützung aus Paderborn sprechen. „Wir werden bestimmt etwas machen, wir müssen spenden“, sagt A. Ibrahim Araz, Pfarrer der Gemeinde St. Aho mit 270 Familien. Und auch Sabri Aslan, Pfarrer in St. Marien, sagt: „Wir wollen am Mittwoch über eine Kooperation für eine Spendenaktion sprechen.“
Zum Vorstand der Gemeinde St. Afrem gehört Gabriel Nergiz (27), Sohn des dortigen Pfarrers Abdulmesih Nergiz. Der Gemeinde gehören 50 Familien in Paderborn an, am Standort Verl noch einmal bis zu 120. Spätestens am Sonntag, wenn die Gemeinde wieder zusammenkommt, könnten zu möglichen Aktionen, wie das Sammeln von Spenden, Gespräche stattfinden, so Nergiz.
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