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Büro durchsucht – Motiv Überforderung? – Beschuldigte kündigt

Paderborn: Staatsanwältin manipuliert Akte

Paderborn (WB). Eine Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft Paderborn soll eine Ermittlungsakte manipuliert und auch in anderen Fällen gegen Vorschriften verstoßen haben.

Christian Althoff

Vor Jahren gab es Ermittlungen rund um den Saunaclub Harem in Bad Lippspringe.

Die Staatsanwältin war 2018 unter anderem mit Ermittlungen betraut, die im Zusammenhang mit dem „Saunaclub Harem“ in Bad Lippspringe standen. Im Zuge des Verfahrens hatten die Ermittler auch ein Auto beschlagnahmt.

Nachdem die Rechtsgrundlage für die Beschlagnahmung nicht mehr vorlag, soll die Staatsanwältin den Wagen allerdings nicht an den Besitzer ausgehändigt haben. Als sich schließlich nach Monaten ein Rechtsanwalt darüber beschwerte, soll die Frau – das ergaben später die Ermittlungen – einen Vermerk in die Akte eingefügt und vordatiert haben.  Damit soll sie den Anschein erweckt haben, sie habe die Herausgabe des Wagens schon vor langer Zeit veranlasst, aber ihre Verfügung sei nicht ausgeführt worden.

Mehrere Unregelmäßigkeiten

Auch in anderen Ermittlungsverfahren soll es Unregelmäßigkeiten gegeben haben. Zudem sollen Akten liegengeblieben sein.

„Die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm hat uns seinerzeit die Ermittlungen übertragen“, bestätigte gestern Oberstaatsanwalt Ralf Vetter von der Staatsanwaltschaft in Detmold. Man habe 2019 zusammen mit Polizisten das Büro der Staatsanwältin und ihre Wohnung durchsucht und ein Ermittlungsverfahren wegen Urkundenunterdrückung eingeleitet. Außerdem wurden Disziplinarermittlungen aufgenommen, die für die Dauer des Strafverfahrens ruhen sollten.

Nach dem Aufkommen der Vorwürfe wurde die Frau zur Staatsanwaltschaft nach Bielefeld versetzt. Nach Auskunft von Oberstaatsanwalt Vetter bestätigten die Ermittlungen den Verdacht. Eine Aktenmanipulation zugunsten eines Beschuldigten habe es aber nicht gegeben, versicherte Vetter. „Die Staatsanwältin wurde 2019 schließlich per Strafbefehl zu einer Gefängnisstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt.“ Über die Frage einer Entfernung aus dem Dienst brauchte sich die Justiz keine Gedanken mehr zu machen: „Die Frau hat von sich aus gekündigt.“ Man gehe davon aus, dass sie sich überfordert gefühlt habe, sagte der Oberstaatsanwalt.

Seit drei Jahren in Paderborn

Die junge Staatsanwältin hatte seit drei Jahren in Paderborn gearbeitet und dann ihre Planstelle bekommen – wenige Monate vor den ersten Verstößen.

Staatsanwälte, die sich überlastet fühlen oder es auch sind, gibt es immer wieder. 2018 wurde in Heidelberg ein Staatsanwalt wegen Rechtsbeugung zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Er hatte wegen massiver Überlastung Akten liegengelassen.

In Freiburg lautete das Urteil gegen einen Staatsanwalt 16 Monate Gefängnis auf Bewährung. Er hatte sich heillos überlastet gefühlt und unter anderem ein Verfahren gegen einen Verdächtigen eingestellt, der den Missbrauch seiner Stieftochter gestanden hatte.

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