START-Stiftung unterstützt 15-jährige Schülerin mit Geld und Wissen
Paderbornerin vorbildlich engagiert
Paderborn
Sadaf Yousofi engagiert sich in der Schülervertretung, als Stufensprecherin sowie in der Sanitäter- und Gesangs-AG des Goerdeler-Gymnasiums. In ihrer Volleyball-Mannschaft war sie Co-Trainerin. Wegen ihres Einsatzes für die Gesellschaft und für das Miteinander wählte die START-Stiftung die 15-jährige Schülerin als eine von 19 Stipendiatinnen und Stipendiaten in Nordrhein-Westfalen aus.
„Das ist eine Chance, und die will ich ergreifen“, sagt Sadaf Yousofi, deren Eltern aus Afghanistan stammen – aus einem Land, in dem Frauen kaum Rechte haben, sich verschleiern müssen, Mädchen nicht auf weiterführende Schulen und Frauen nicht zur Universität gehen dürfen. „Ich bin definitiv dankbar dafür, dass ich in Deutschland bin, was in Afghanistan passiert, macht mich traurig“, betont Sadaf Yousofi. In Paderborn will sie sich gegen Rassismus und für Gleichberechtigung einsetzen und deutlich machen, wie wichtig Bildung im Kampf gegen Vorurteile ist.
Geld, Seminare, Workshops
Das Programm der START-Stiftung mit Sitz in Frankfurt richtet sich an Schülerinnen und Schüler mit einer Einwanderungsgeschichte. Engagierte Jugendliche werden drei Jahre lang begleitet und dabei finanziell (1000 Euro pro Jahr) und in Form von Seminaren und Workshops gefördert. Gleich zu Beginn erhalten die Stipendiaten ein Laptop, um Online-Kurse und den digitalen Campus nutzen zu können. Die Bereitschaft, an Projekten in den Bereichen Demokratie, Umwelt, Kultur und Kommunikation mitzuarbeiten, und das Mindestalter von 14 Jahren sind Voraussetzungen für die Unterstützung. „Außerdem muss man mindestens noch drei Jahre zur Schule gehen“, nennt Sadaf Yousofi eine weitere Bedingung.
In einem zweistufigen Auswahlverfahren hat sie sich als eine von bundesweit 1200 Bewerberinnen und Bewerbern durchgesetzt. Nach der Aufnahmefeier in Wermelskirchen, einem Kennenlernseminar in Bonn und einem Sommercamp in Wuppertal freut sich Sadaf Yousofi jetzt auf Seminare und Workshops, in denen es um Demokratie, Heimat, Klimaschutz, Konfliktmanagement, Individualität und das Erreichen von Zielen geht. Nach den drei Jahren ist nicht endgültig Schluss. Die Stipendiaten können für ihre weitere gemeinnützige Arbeit auf das Netzwerk der „START-Community“ mit mehr als 3500 Jugendlichen und Erwachsenen sowie Partnerorganisationen zurückgreifen.
Vor 20 Jahren wurde START von der Hertie-Stiftung mit dem Ziel gegründet, die Demokratie in Deutschland zu stärken. Darüber hinaus erleichtert das Programm heute jungen Menschen aus Einwandererfamilien die Integration in Deutschland und den Zugang zu Bildung. Sie wird unterstützt von den Bundesländern, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, von Städten wie Hamburg, Frankfurt und Dortmund sowie von den Stiftungen der Deutschen Bank, der Telekom und von der Bürgerstiftung Gütersloh und der Beisheim-Stiftung.
Einer schaffte es in den Bundestag
Die Stipendiaten können es weit bringen: So schaffte es zum Beispiel Kassem Taher aus dem Irak als Abgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen in den Bundestag. Das Parlament in Berlin ist nicht das Ziel von Sadaf Yousofi. Sie möchte konkret etwas im Goerdeler-Gymnasium erreichen. Im Schulsystem werde zu wenig auf jeden Einzelnen eingegangen, findet sie und würde gern eine Solidaraktion innerhalb der Schülerschaft auf den Weg bringen: „Dafür braucht man nicht unbedingt mehr Lehrer, sondern ein System, in dem ältere Schüler jüngeren helfen.“
Und obwohl das Goerdeler-Gymnasium bereits eine „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ist, wünscht Sadaf Yousofi sich, dass das Thema Ausgrenzung noch stärker angesprochen wird. Sie schlägt vor, Fahnen aufzuhängen, auf denen sich die Schule zu geschlechtlicher Diversität bekennt und dazu, dass jedes Leben unabhängig von der Hautfarbe gleich viel zählt. Flüchtlingen gelte es natürlich zu helfen, betont sie und erzählt, für die Menschen aus der Ukraine habe man einen Spendenlauf veranstaltet.
Flucht aus Afghanistan
Wegen der kriegerischen Auseinandersetzungen verließ ihre Familie 1995 Afghanistan. Die Eltern kamen zu dem Schluss: „Es geht nicht mehr.“ Die Tochter Silay (27) war kurz zuvor geboren worden, Sadaf (15) und Bruder Seiar (25) kamen in Deutschland zur Welt. Hier dürfe es keine vergleichbaren Zustände wie in Afghanistan unter den militanten Islamisten der Taliban geben, mahnt Sadaf Yousofi. Umso wichtiger sei es deshalb, junge Menschen durch Bildung so zu prägen, dass sie andere Kulturen und Denkweisen achten und gleichzeitig Ausgrenzung und Vorurteilen entgegentreten.
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