Verblüffende Ideen vom fahrenden Rollator bis Nassrasierer-Reiniger
Patente Tüftler
Paderborn (WB). Ohne Erfinder wäre das Leben deutlich ärmer. Und doch arbeiten die Problemlöser meist im Verborgenen. Dabei entstehen so faszinierende Dinge wie ein Rollator-Antrieb oder auch ein Nassrasierer-Reiniger – alles made in Paderborn.
Schon vor 18 Jahren ist in der Stadt, in der die Wiege von Heinz Nixdorf steht, ein Club gegründet worden, in dem die findigen Tüftler über ihre Ideen und Entwicklungen sprechen und sie perfektionieren. Kurz vor dem Durchbruch könnte zum Beispiel Holger Pfannschmidt stehen – vorausgesetzt es gibt Firmen, die anbeißen. Dabei hat seine Erfindung einen wirklich praktischen Nutzen.
Eine Nassrasur ist eine feine Sache, wäre da nicht das nervige Reinigen der Klingen. Holger Pfannschmidt hat sich dieses Problems angenommen. Seine neueste Erfindung hat einen echten praktischen Nutzen, wie ein Praxistest beim Clubabend zeigt: Mit einer speziellen Düse, die an jeden handelsüblichen Wasserhahn angeschraubt wird, lässt sich ein verdreckter Nassrasierer in Sekundenschnelle komplett von Seifenresten und Bartstoppeln befreien. Gleichzeitig ist durch einen Schalter sichergestellt, dass man sich weiterhin ganz normal die Hände waschen kann. Im Prinzip gehört diese Erfindung in jedes Badezimmer.
Holger Pfannschmidt
»Ich arbeite seit zwei Jahren daran«, berichtet der 49-jährige Erfinder. In dieser Zeit hat er mehrere Prototypen gebaut, um die Technik zu optimieren. Durch ein Rotationsventil wird der Druck des Wassers im Inneren dieses Vorsatzes erhöht und stößt so mit einem pulsierenden, punktgenauen Strahl auf die Klingen. Dadurch ist die Klinge in Windeseile gereinigt. »Man kann sich schneller rasieren und spart auch noch Wasser dabei«, fasst Pfannschmidt zusammen.
Silbermedaille auf der Erfindermesse
Um die Erfindung für den Verbraucher interessant zu machen, müsste noch etwas an der Optik gefeilt werden. Für die Patentierung hat Holger Pfannschmidt schon mal alles in die Wege geleitet. Jetzt gehe es darum, einen Hersteller zu finden, der die Erfindung in größeren Stückzahlen bauen will. Derzeit nimmt der 49-Jährige Kontakt mit verschiedenen Armaturenherstellern auf, um seine Idee vorzustellen.
Zum Kreis der Erfinder gehört auch Reinhard Brück. Der 63-Jährige aus Paderborn hat vor zwölf Jahren ein Vakuum-Mischgerät für dentale Anwendungen entwickelt. »Dafür habe ich auf der Erfindermesse eine Silbermedaille erhalten. Leider habe ich es nicht vermarkten können.« Eine praktische Hilfe im Alltag stellt hingegen eine weitere Erfindung dar: Brück hat einen Elektroantrieb für Rollatoren gebaut. Wenn die Beine nicht mehr wollen, kann man sich auf den Antrieb stellen und mit zwei Kilometern pro Stunde sicher nach Hause fahren. Für die elektrische Laufhilfe gab es auf der Erfindermesse in Genf sogar eine Goldmedaille, berichtet er. »Die Erfindung ist genial. Trotzdem hat man es als freier Erfinder schwer. Wir haben 30 Hersteller kontaktiert, nur zwei haben sich zurückgemeldet. Die meisten haben ihre eigenen Entwickler«, stellt Reinhard Brück fest.
Problem Geheimhaltung
Auch eine Frau gibt es im Club. Sabine Röhren aus Salzkotten hat ein mit Styroporkugeln gefülltes Kissen entwickelt, das im Liegen als Buchstütze eingesetzt werden kann. Zu kaufen gibt es die Erfindung bei Amazon.
Vorsitzender des Clubs ist Klemens Rucha (49) aus Elsen, der ihn 1999 mit gegründet hat. Der Maschinenbau-Ingenieur hat schon einige Erfindungen auf den Weg gebracht, wie er berichtet. »Das größte Problem ist die Geheimhaltung«, sagt er. Bei den Treffen verpflichten sich daher die Teilnehmer grundsätzlich, Stillschweigen zu bewahren, damit die schöne Idee nicht von anderen geklaut werden kann. Es wäre ja auch zu schade, wenn plötzlich jemand anderes mit der eigenen Idee Erfolg hat.
Kommentar
Manche können sich noch an die Comic-Serie der 80er Jahre erinnern, in der Doktor Snuggles geniale Erfindungen produzierte. Wohl niemand macht sich im Alltag Gedanken darüber, wie es zu bestimmten Erfindungen kommt. Am leichtesten dürften es die kreativen Köpfer haben, die in einem Unternehmen arbeiten. Aber wie ist es mit den freien Erfindern? Sie stehen nicht nur bei den Entwicklungskosten allein, sondern müssen sich anschließend auch kostspielige Patente sichern, obwohl noch gar nicht klar ist, ob sie ihre Erfindung jemals verkaufen können.
Die Kosten für Anwalt und Patente in verschiedenen Ländern können schnell vier- bis fünfstellige Summen verschlingen. Daher ist es nur konsequent, dass Tüftler Uwe Sartun an einem Beteiligungsmodell arbeitet, das die freien Erfinder unterstützt. Ähnlich der Gema im Bereich der Musik müsste jeder Kunde einen Abschlag an die Erfinderzentrale zahlen. Die Idee hat Charme, weil damit diejenigen, die für Innovationen in unserem Land sorgen, unterstützt werden. Dass sich eine solche Abgabe durchsetzt, ist eher fraglich. Dafür fehlt es den Erfindern deutlich an einer entsprechenden Lobby. Das muss sich ändern. Ingo Schmitz
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