Ein Meinungsbeitrag von Dietmar Kemper
Paderborner Perspektiven: Radikale Schritte sind riskant
Paderborn
Worauf legen Unternehmen bei einem Wirtschaftsstandort einen besonderen Wert? Auf niedrige Hebesätze, schnelle Genehmigungsverfahren und Erweiterungsmöglichkeiten? Darauf auch.
Vor allem aber wollen sie eine leistungsfähige Breitband- und Mobilfunkinfrastruktur und außerdem, dass ihre Betriebsstandorte schnell und leicht mit dem Auto erreichbar sind. Das hat die Standortumfrage der heimischen IHK gezeigt.
Auf Breitband und Mobilfunk haben Kommunen nur begrenzt Einfluss. Auf die Bedingungen für den Autoverkehr sehr wohl. Und an diesem Punkt müssen die schwarz-grüne Koalition und die Verwaltung in Paderborn höllisch aufpassen, dass sie nicht die Wirtschaft und die Bürger verprellen.
Weitere Wege zumutbar?
Bekanntlich soll im Zuge des Integrierten Mobilitätskonzeptes (IMOK) der motorisierte Individualverkehr zugunsten des ÖPNV zurückgedrängt werden. Wer von außerhalb Paderborns in die Stadt fahren will, dem will man weitere Wege zumuten, um den Kern der Stadt zu entlasten und die Bedingungen für Fußgänger und Radfahrer zu verbessern.
Die Verwaltung plant, die Gebühren auf Großparkplätzen wie Liboriberg und Maspernplatz deutlich zu erhöhen und dort auch sonntags Geld zu verlangen. Sie begründet dies damit, die gestiegene Umsatzsteuer müsse aufgefangen werden. Dagegen protestiert bereits die FDP, und auch Schwarz-Grün möchte, dass das Parken am Sonntag weiter nichts kostet. Einzelhändler und die Mittelstandsvereinigung der CDU kritisieren schon länger die geplanten Einschnitte für Autofahrer.
Die Verwaltung riskiert, dass so mancher Bürger jetzt denkt, sie nehme die Umsatzsteuer als willkommenen Anlass, um Autofahrer abzukassieren und abzuschrecken. Bislang waren die Parkgebühren im Vergleich mit anderen Städten moderat.
IHK hat recht
Der Geschäftsführer der heimischen IHK, Jürgen Behlke, hat recht, wenn er die Stadt davor warnt, den zweiten Schritt vor dem ersten zu tun. Wenn sie wolle, dass sich der Individualverkehr verringert, dann müsse sie als erstes Alternativen zum Auto aufzeigen und schaffen. Es sei falsch, dass das IMOK keinerlei Verbesserungen für Autofahrer vorsehe, moniert Behlke.
Einige leiden, andere profitieren
Stadt, CDU und Grüne stecken in einem Dilemma: Für die Mobilitätswende zugunsten des Klimas müssen sie einige Verkehrsteilnehmer, nämlich die Autofahrer, leiden lassen, damit andere, die Radfahrer und Fußgänger, bessere Bedingungen vorfinden. Damit Menschen ihre Autos stehen lassen, braucht es Anreize. Bus- und Bahnfahren müssen noch einfacher, komfortabler und günstiger werden.
Das würde zum Beispiel durch eine weitere Taktverdichtung gelingen. Aber dafür würden noch mehr Busfahrer gebraucht, die es aber jetzt schon nicht gibt. Einige Angebote scheinen in Paderborn auch nicht angenommen zu werden. Park and Ride funktioniert bislang nur bei den Heimspielen des SC Paderborn 07 und an Libori.
Die Zeiten, als Städte für die Autos gebaut wurden, sind zum Glück vorbei. Blechkarossen sind auch keine heiligen Kühe mehr, aber sie sind nach wie vor speziell auf dem Land das wichtigste Fortbewegungsmittel der Menschen. Und Arbeitnehmer fahren mit ihnen am häufigsten zur Firma und ins Büro. Egal ob Wirtschaft oder einfacher Bürger: Verwaltung und Politik dürfen nicht den Fehler machen, sie mit radikalen Schritten zu verärgern. Die nächste Standortumfrage wird zeigen, ob sie das hinbekommen.
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