Drei »Botschafter Paderborns« bekommen die Kulturnadel
Unüberhörbare Verleihung
Paderborn (WB). Bislang konnten die Querschläger nur vor dem Rathaus trommeln. Die Verleihung der Kulturnadel an ihn nutzte der künstlerische Leiter Jochen Carl am Sonntagabend dazu, um den großen Sitzungssaal mit Samba-Klängen zu füllen und die Festgäste zum Mitklatschen und Mitstampfen zu animieren.
»Du weißt, wir hatten nicht nur einfache Zeiten«, erinnerte Bürgermeister Michael Dreier an Proteste von Bürgern und Geschäftsleuten über die Lautstärke der Trommler. Die Kulturnadel sei das Zeichen dafür, »dass die Querschläger zu Paderborn gehören«. Das gilt mindestens genauso für Jean-Paul Couasnon, den Motor der Städtepartnerschaft zwischen Le Mans und Paderborn. »Du bist der Brückenbauer«, lobte ihn Dreier, und der Franzose gab ein »grand merci« zurück. Freundschaft entstehe durch die Begegnungen von Menschen zum Beispiel in Gastfamilien, betonte Couasnon. Durch interkulturelles Lernen würden entscheidende Werte wie Respekt und Toleranz geschärft. Und Kultur sei der Wegbereiter für alles Weitere.
Deutsch-französische Freundschaft
Vor 48 Jahren besuchte Couasnon zum ersten Mal Paderborn, und seitdem arbeitet er daran, das Fundament der Städtepartnerschaft beispielhaft für andere und unzerstörbar zu gestalten. Couasnon sei »ein Menschenfischer und Netzwerker im besten Sinne«, lobte Heike Haase vom Kulturbüro OWL in ihrer Laudatio. Und statt auf Twitter oder Facebook setze er auf die Kommunikation von Angesicht zu Angesicht. Couasnons Einsatz sei »von unschätzbarem Wert für das kulturelle Leben Paderborns«, ergänzte Dreier. Der so überschwänglich Gelobte gab sich bescheiden. Die intensiven Kontakte, die er während seiner Arbeit für die Völkerverständigung erlebt habe, nannte er »Lohn genug«. 2017 konnte Paderborn auf 50 Jahre offizielle Partnerstadt mit Le Mans zurückblicken. Enge Verbindungen gibt es aber bereits seit dem Mittelalter.
Paderborn auf der Landkarte der Rock-Locations
Eine französische Band lädt Hans-Werner Schubert zum nächsten Konzert im Berufskolleg Schloß Neuhaus ein. Auch Schubert wurde am Abend die Kulturnadel an die Weste gesteckt, und zwar dafür, dass er den kulturellen Kalender der Stadt Paderborn bereichert hat, indem er legendäre Rockgruppen wie Kraan, Ufo oder Birth Control in die Region holte. So wie die übrigen beiden sei Schubert »ein Macher«, lobte Heike Haase. Hintergrundmusik sei ihm ein Graus, Vinyl-Schallplatten ziehe er CDs vor. Paderborn habe Schubert als »Größe auf der Landkarte der Rock-Locations etabliert«. Schubert selbst erzählte vom schwierigen Anfang mit nur wenigen Besuchern im Forum des Berufskollegs und davon, dass er seiner Frau Karin versprochen habe, »zum Shoppen« nach Bielefeld zu fahren, obwohl er dort doch eigentlich nur Plakate aufhängen wollte. »Es ist ein tolles Gefühl, wenn eine Bühne aufgebaut wird«, gestand der Lehrer, der im Januar in Pension geht.
Samba so spielen, wie er in Rio gespielt wird
Jochen Carl würde ihm da uneingeschränkt zustimmen. Besuche in der Samba-Hauptstadt Rio haben ihn geprägt, und seitdem versucht er geradezu missionarisch, die Energie und Lebensfreude dieser Musik in Ostwestfalen-Lippe zu verbreiten. »Wir wollten den Samba so spielen, wie er in Rio gespielt wird«, erzählte er und ließ anschließend die Festgäste in den ersten beiden Reihen mit Streichholzschachteln Musik machen.
Carl, Couasnon und Schubert durften sich als Botschafter Paderborns feiern lassen. Sie sind die Kulturnadelträger zehn, elf und zwölf. Mit ihr zeichnet die Jury, zu der der Vorsitzende des Kulturausschusses, Ralf Pirsig, und der Beigeordnete Carsten Venherm zählen, Persönlichkeiten aus, »die sich um das kulturelle Leben in der Stadt besonders verdient gemacht haben«. Übrigens machte nicht nur der Auftritt der Querschläger die Preisverleihung unüberhörbar. Auf besonderen Wunsch von Hans-Werner Schubert spielte die Rockband Roadcrew auf. Bei Songs von den Stones und Bob Dylan schwoll der Pegel beträchtlich an – es war sogar lauter als bei heftigen Wortgefechten zwischen den Fraktionsvorsitzenden, wenn zum Beispiel wieder einmal die Haushaltsberatungen anstehen...
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