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400 Mitarbeiter des DB-Ausbesserungswerks und des Padersprinters demonstrieren

Streiken statt Schweißen in Paderborn

Paderborn

Eisenbahner und Busfahrer haben am Montag (27. März) in Paderborn ihrem Unmut über ihre Arbeitsbedingungen Luft verschafft. 300 Mitglieder der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG trafen sich zu einer Kundgebung am Nordbahnhof, 100 Mitarbeiter des Padersprinter folgten einem Streikaufruf von Verdi und versammelten sich am Betriebshof. 

Von Dietmar Kemper und Jörn Hannemann

Die Mitglieder der EVG trafen sich am Montagmittag (27. März) am Werk der Deutschen Bahn an der Hermann-Kirchhoff-Straße und zogen von dort weiter zum Nordbahnhof.  Foto: Oliver Schwabe

Im Fahrzeuginstandsetzungswerk der Deutschen Bahn an der Hermann-Kirchhoff-Straße wird körperlich hart gearbeitet. 35.000 Räder werden dort im Jahr aufgearbeitet und 2000 Güterwagen, hauptsächlich für den Hauptkunden DB Cargo, aber auch für andere Verkehrsunternehmen. Am Montag blieben Hammer und Schweißgerät liegen.

Manche Kollegen würden gerade mal 2000 Euro brutto im Monat verdienen, erzählte Andreas Steins, der bereits seit 42 Jahren in dem Werk beschäftigt ist. Und das Reinigungspersonal der Bahn bekomme nicht einmal den Mindestlohn. Bei der Bezahlung müsse sich dringend etwas tun, findet Steins und hält die Forderung der EVG nach zwölf Prozent oder mindestens 650 Euro mehr für gerechtfertigt. Das von der Arbeitgeberseite angebotene Lohnplus von fünf Prozent über 27 Monate reiche nicht aus.

Mitarbeiter verlassen das Werk

Wer sich unter den 300 Teilnehmern der Kundgebung und des Demonstrationszuges vom DB-Werk zum Nordbahnhof umhörte, stieß auf eine Menge Unmut. Ein Mann erzählte, als er mit dem Wunsch, ein Haus zu bauen, zur Bank gegangen sei, habe man ihn angesichts des geringen Gehalts als „Sozialfall“ bezeichnet. Wegen der unbefriedigenden Bezahlung hätten im vergangenen Jahr 60 Mitarbeiter das Werk in Paderborn verlassen. Wer es schaffe, eine neue Fachkraft anzuwerben, erhalte eine Prämie von 2500 Euro. Damit das Werk nicht noch mehr Personal verliere, müssten auf dem Gehaltszettel künftig andere Zahlen stehen. Zwar fänden sich Azubis, aber die machten sich nach der Lehre aus dem Staub, hieß es weiter.

Danho Dogan aus Paderborn arbeitet seit 1998 in dem Werk. Dass die Gewerkschaft Verdi ihre Mitglieder gleichzeitig zum Streik aufgerufen hatte, begrüßte er sehr: „Dass Verdi sich mit uns verbündet hat, verschafft uns ein ganz anderes Auftreten.“ Bei der Bezahlung müsse etwas passieren, forderte er. Von einer Einmalzahlung hält er nicht viel: „Die verpufft schnell.“

Die Geschäftsführerin des Verdi-Bezirks Ostwestfalen-Lippe, Martina Schu, beklagte in ihrer Ansprache den ihrer Meinung nach abfälligen und geringschätzigen Umgang der Arbeitgeberseite mit den Streikenden. Demnach werde behauptet, die unteren Lohngruppen bräuchten nicht mehr Geld, und außerdem werde Streikenden gesagt, wenn sie das Leben in der Stadt nicht mehr bezahlen könnten, sollten sie doch aufs Land ziehen.

Schu stellte weitere Streiks in Aussicht und rief den Eisenbahnern zu: „Euch solidarisch an unserer Seite zu haben, ist großartig.“ Gemeinsam werde Deutschland lahmgelegt. Streikleiter Sebastian Wormsbächer forderte die Bahn auf, viel mehr Geld in die Schiene zu investieren. Die Infrastruktur sei marode: „Welcher Zug kommt denn noch pünktlich an?“ Roswitha Köllner von den Paderborner Linken überbrachte „solidarische Grüße“, und SPD-Ratsherr Ulrich Koch drückte in seiner Funktion als Ortsverbandsvorsitzender der EVG in Paderborn-Soest die Entschlossenheit aus, im Notfall auch lange zu streiken.

„Es geht um viel. Das muss jedem bewusst sein.“

Nach dem Aufruf von Verdi hatten sich am Montagmorgen um 7 Uhr auch knapp 100 Streikende am Betriebshof des Paderborner Verkehrsunternehmens Padersprinter versammelt. Über die hohe Beteiligung freute sich der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende,  Martin Schniedermann (26): „Es geht um viel. Das muss jedem bewusst sein.“ Alles sei im Leben teurer geworden, und  das müsse sich auch beim Lohn bemerkbar machen, meint der Padersprinter-Mitarbeiter, der seit 2012 im Unternehmen beschäftigt ist und im Werkstattbereich arbeitet.

Wenn die Verkehrswende tatsächlich gewollt sei, müsse es auch genug Mitarbeiter geben, die diese umsetzen, und die müssten angemessen bezahlt werden. „Busfahrer werden doch überall händeringend gesucht, auch bei uns.“ Um gegen den Fahrermangel anzugehen, müssten finanzielle Anreize geschaffen werden. Für Schniedermann und seine Kollegen will die Gewerkschaft 10,5 Prozent mehr Einkommen über zwölf Monate heraushandeln, mindestens aber 500 Euro mehr.

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