Spielplan für die kommende Saison vorgestellt – Fragezeichen hinter Jugendsparte
Zuschauer lenken in Paderborn die Handlung
Paderborn
Eine Tankstelle ausrauben oder Sex im Hotel? In der kommenden Spielzeit des Paderborner Theaters können die Zuschauer selbst entscheiden, wie ein Stück weitergeht. Die Intendantin Katharina Kreuzhage kündigte am Donnerstag (25. Mai) ein neues Format an.
Am 22. Oktober hat ein außergewöhnliches Stück im Studio Premiere. Es heißt „The One Next Door“, und bei ihm arbeiten das freie Theaterkollektiv Futur3, das Theater Paderborn, das Orangerie Theater Köln und das Ensemblenetzwerk Freihandelszone zusammen.
Im Mittelpunkt steht das Gangsterpaar Luz und Tamer, und wie es mit ihnen weitergeht, das bestimmen regelmäßig die Zuschauer per Lichtsignal. Sie haben außerdem Kopfhörer auf den Ohren und erfahren die Geschichte entweder aus der Perspektive von Luz oder Tamer. Die Schauspieler werden zu Avataren des Publikums, digitale Spielewelten erobern die Bühne.
Das Programm für die Spielzeit 2023/2024 bietet neben diesem Experiment eine Mischung aus Klassikern („Nathan der Weise“ und „Jedermann“), turbulenten Komödien („Der nackte Wahnsinn“), historischen Stoffen („Der Schiffbruch der Fregatte Medusa“) und Gesellschaftskritik („50 Ways To Leave Your Ehemann“). Mit dem Musical über die „Addams Family“ will Intendantin Katharina Kreuzhage an den großen Erfolg der „Rocky Horror Show“ in der laufenden Spielzeit anknüpfen.
Erste Premiere am 9. September
Die neue beginnt am 9. September mit „Jeeps“ von Nora Abdel-Maksoud. In der Satire geht es ums Erben und um die Frage, was Gerechtigkeit bedeutet. Nach einer Erbrechtsreform landet alles, was vermacht wird, in einer Lotterie. Alle haben dieselbe Chance, reich zu werden, aber nicht alle wollen das so hinnehmen...
Wie es im Theater hinter der Bühne zugeht, führt Michael Frayns Komödie „Der nackte Wahnsinn “ vor; Premiere ist am 23. September ebenfalls im Großen Haus. Wer turbulente Musicals liebt, sollte sich den 18. November vormerken. Dann betritt die schräge „Addams Family“ die Bühne. Für die Choreografie, Regie, Musik, Bühne und Kostüme sorgt das Team, das mit der „Rocky Horror Show“ die Besucher zu Begeisterungsstürmen hinriss.
Danach wird es todernst: Am 13. Januar 2024 wird „Der Schiffbruch der Fregatte Medusa im Studio“ erzählt. Alexander Eisenach lässt dafür einen Journalisten in die Vergangenheit und Zukunft reisen: ins Jahr 1816, als 150 Matrosen nach einem Schiffsunglück sich auf einem Floß stapeln und nicht vor Kannibalismus zurückschrecken, und in eine vielleicht gar nicht so ferne Zeit, in der Menschen von einer verwüsteten Erde mit einer Rakete zum Mars fliehen. „Das Stück ist sehr satirisch, unterhaltsam und enthält eine gehörige Portion Kapitalismuskritik“, warb Kreuzhage für den Besuch.
Zu den Klassikern „Nathan der Weise“ (ab dem 19. Januar 2024) und „Jedermann“ (Freilichtstück ab dem 14. Juni 2024) muss man nichts sagen, zu „50 Ways To Leave Your Ehemann“ (Premiere am 2. März 2024) dagegen schon. Hier kommt das Sachbuch von Jaconta Nandi im Studio auf die Bühne. Im Buch und Stück geht es um die schwierige Situation alleinerziehender Mütter. Auch der Klimawandel ist in der neuen Spielzeit wieder ein Thema, und zwar in „Sonne“ von Elfriede Jelinek (Premiere am 8. März 2024). „Das Stück nimmt die Perspektive der Sonne ein und schildert, wie sie die Menschen wahrnimmt und für wie wichtig sich die Menschen selbst nehmen“, gab Lea Krumme einen ersten Einblick.
Den ehemaligen Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff hatte Rainald Goetz vor Augen, als er seinen Roman „Johann Holtrop“ schrieb. Die Bühnenfassung über den Aufstieg und Fall eines Spitzenmanagers wird ab dem 11. Mai 2024 zu sehen sein.
Förderzusage fehlt noch
Welche Perspektiven die Kinder- und Jugendsparte Jott hat, ist noch offen. Eine weitere definitive Fördersage des Landes liege noch nicht vor, bedauerte Kreuzhage: „Weil die vergangenen drei Jahre sehr erfolgreich waren, sind wir sehr optimistisch und erwarten die Zusage in den nächsten Tagen oder Wochen.“ Komme die Zusage nicht, „würde es nicht weitergehen“.
Weil die Finanzierung bis zum 31. Dezember gesichert ist, hat Jott mehrere Stücke geplant, darunter „Ein Schaf fürs Leben“ (Premiere am 7. September 2023) über die scheinbar unmögliche Freundschaft zwischen einem Schaf und einem Wolf. Das beliebte Weihnachtsstück setzt auf Herrn Taschenbier und das Sams. „Eine Woche voller Samstage“ hat am 3. November 2023 Premiere. In der laufenden Spielzeit lockte „Peterchens Mondfahrt“ fast 12.000 Besucher an. Angesichts von aktuell 48.000 Besuchern ist Kreuzhage mit der Gegenwart zufrieden: „Die Spielzeit ist deutlich besser gelaufen als befürchtet, aber noch nicht ganz so wie erhofft.“ Die Besucherzahl liege fünf bis zehn Prozent unter dem Vorcoronaniveau.
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