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Regionalvorsitzender Stefan Schwartze kritisiert eigenen Landesverband

OWL-SPD blickt neidisch nach Niedersachsen

Bielefeld

Wie beurteilen Bundespolitiker aus Ostwestfalen-Lippe die niedersächsische Landtagswahl?

Stephan Weil hat die Wahl in Niedersachsen gewonnen. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

„Das ist ein sehr gutes Ergebnis für die SPD in diesen Zeiten“, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Stefan Schwartze aus Vlotho (Kreis Herford). „Der ruhige, sachliche Stil von Ministerpräsident Stephan Weil hat sich durchgesetzt. Darauf vertrauen die Menschen“, so der SPD-Regionalvorsitzende in OWL.

Von dem guten Ergebnis seiner Partei verspricht sich Schwartze Rückenwind für die Ampel-Koalition in Berlin und hofft auf mehr Sachlichkeit: „Die Wahl zeigt der Union, dass sich Fundamental-Opposition nicht lohnt.“

Dass Weil beinahe doppelt so viele Prozentpunkte geholt hat wie die SPD in Umfragen auf Bundesebene, darin sieht Schwartze keinen von Kanzler Olaf Scholz abgekoppelten Wahlkampf, da „die Zeiten viel zu unruhig sind, um Bundes- und Landespolitik trennen zu können“. In Richtung SPD-Landespartei sagt Schwartze nach Düsseldorf: „Das Ergebnis der NRW-Wahl müssen wir uns noch einmal genau ansehen und analysieren, warum wir in Niedersachsen ein gutes Resultat erreicht haben und in NRW ei­ne historische Niederlage.“

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Achim Post aus Espelkamp (Kreis Minden-Lübbecke), sieht logischerweise den Gewinner in Stephan Weil. Für ihn heißt der Verlierer Friedrich Merz. „Weil und die SPD Niedersachsen haben sich um die Interessen des Landes und die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger gekümmert. Friedrich Merz und die CDU im Bund haben sich vor allem um ihre parteipolitischen Vorteile gekümmert“, sagt Achim Post.

Achim Post (SPD) aus Espelkamp. Foto: Thomas F. Starke

In Niedersachsen könnte wohl eine rot-grüne Landesregierung gebildet werden. Die Grünen haben zwar ge­genüber der Wahl 2017 deutlich zugelegt, sind aber etwas unter ihren Erwartungen ge­­blieben. „Wir Grüne haben das beste Ergebnis bei einer Landtagswahl in Niedersachsen errungen. Wenn sich die Ergebnisse so bestätigen, haben wir die Chance auf eine Regierungsbeteiligung in Niedersachsen“, sagt die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Britta Haßelmann aus Bielefeld. Sie sieht die Möglichkeit für eine „inhaltliche Gestaltung der Energiewende, ei­ner nachhaltigen Landwirtschaft, für mehr Klimaschutz und mehr Gerechtigkeit.“ Sorge bereitet ihr dagegen das gute Abschneiden der AfD: „Das Ergebnis der demokratiefeindlichen AfD ist bitter.“

Bitterer Wahlausgang für die FDP

Auch für die Liberalen ist der Wahlausgang bitter. Die FDP hat bis zuletzt um den Wiedereinzug in den Landtag in Hannover gezittert. „Unabhängig davon, ob die FDP in den Landtag kommt, ist das Ergebnis enttäuschend. Die Berliner Ampel-Koalition hängt wie ein Mühlstein um unseren Hals. Wir sind zu profillos“, sagt der Bundestagsabgeordnete und FDP-Bezirksvorsitzende in Ostwestfalen-Lippe Frank Schäffler aus Minden-Lübbecke. „Es rächt sich jetzt, dass wir in der Pandemie unseren erfolgreichen Kurs aus dem alten Jahr nicht fortgesetzt haben, sondern aus Angst vor der eigenen Courage zu viele Kompromisse eingegangen sind. Gleichzeitig gelingt es uns zu wenig und oft zu spät, uns in der Energie- und Wirtschaftspolitik gegen die Grünen und die SPD durchzusetzen“, so Schäffler weiter. Die weitere Nutzung der Kernenergie sei zwingend notwendig, „um uns von Gas unabhängig zu machen, und auch das geplante Bürgergeld setzt in der aktuellen wirtschaftlichen Situation völlig falsche Anreize“.

Aus seiner Sicht stelle sich die „Existenzfrage für die Wirtschaftsstruktur und die Arbeitsplätze in unserem Land. Dafür braucht es eine mutige und klare FDP, die den Rücken in der Koalition gerade macht.“ Schäffler fordert von seiner Partei, sich „nicht nur auf Christian Lindner zu konzentrieren. Wir müssen als FDP-Fraktion eine viel stärkere Rolle in der Regierungskoalition übernehmen.“

Wahlverlierer CDU

Zweiter Wahlverlierer ist die CDU. „Enttäuschend“, sagt Christian Haase knapp und klar zum Ergebnis in Niedersachsen. Das benachbarte Bundesland hat der CDU-Bundestagsabgeordnete aus Beverungen im Kreis Höxter direkt vor Augen. Dass Stephan Weil als populärer Regierungschef in seinem Amt bestätigt worden ist, das ist Haase als Erklärung für das Resultat der CDU zu einfach. „Ihren Frust gegen die Ampel-Koalition laden die Leute nicht bei uns ab, sondern bei der AfD. Auch bei der Fortsetzung der Kernkraft, die wir fordern, dringen wir nicht so recht durch“, sagt Haase.

Die Union werde „nicht ausreichend als die Alternative wahrgenommen, sondern als ‚die Politik‘. Wir müssten längst bei mehr als 30 Prozent liegen. Aber das wird kommen, davon ich überzeugt“, so Haase. Den Sieg der SPD könne man nur abgekoppelt von der SPD-geführten Ampel-Koalition betrachten. Haase: „Stephan Weil hat nicht die Fehler von Thomas Kutschaty bei der NRW-Wahl gemacht.“

Für den stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden Carsten Linnemann aus Paderborn ist klar, dass „die Menschen den Kandidaten wählen, den sie kennen und dem sie vertrauen. Und sie vertrauen in Niedersachsen ihrem Ministerpräsidenten.“ Auch Linnemann sieht das Resultat auf Landesebene losgelöst von der Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP: „Die Leute sind hochgradig verunsichert. Und die Ampel-Koalition handelt seit sieben Monaten nicht.“

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