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Video-Interview mit CDU-Bundestagsfraktionsvize Carsten Linnemann aus Paderborn

„Wir brauchen das Aufbruch-Ding!“

Paderborn

„Deutschland hat das Gefühl für Geld verloren. Wir tun so, als ob es vom Himmel regnet. Wir müssen wieder darauf achten, wie wir mit dem Geld umgehen“, sagt Carsten Linnemann. Der Bundestagsabgeordnete und Vizefraktionschef der CDU im Bundestag spricht sich für das Reaktivieren der Schuldenbremse aus. Steuererhöhungen lehnt er ab. Er hat sich den Fragen von RLS TV und WESTFÄLISCHES VOLKSBLATT gestellt.

Von Ingo Schmitz

Der Paderborner CDU-Politiker Carsten Linnemann (von links) hat sich den Fragen von WV-Redaktionsleiter Ingo Schmitz und Moderator Jürgen Lutter gestellt. Foto: RLS TV

Carsten Linnemann spart in dem Beitrag mit Moderator Jürgen Lutter nicht mit Selbstkritik und mit Kritik an seiner Partei und geht auf Fehler ein. Dazu zählt er den Umgang mit den Hilfen für den Mittelstand, deren Auszahlung eine „Katastrophe“ sei. „Österreich macht es vor, wie es geht: Die Finanzämter kennen die Daten, das ist diskret, das funktioniert schnell und reibungslos.“ Richtig sei indes die Beteiligung an der Lufthansa gewesen, um diese zu retten. Anders sehe es bei der TUI aus: Das müsse korrigiert werden. Der Staat sei gefordert zu definieren, was erhaltenswerte, kritische Infrastruktur sei.

Und welche Erwartungen haben Paderborner Unternehmer und Arbeitgeber an den Bundespolitiker? Gastronom Karl-Heinz Militzer fordert eine Beibehaltung des gesenkten Steuersatzes auf Speisen und Getränke von sieben Prozent für die kommenden zehn Jahre, um die Corona-Folgen zu mildern. Hartmut Lüther, Vorstand der Volksbank Elsen-Wewer-Borchen fordert eine Stärkung des ländlichen Raumes durch Digitalisierung. Melanie Cramer vom Arbeitgeberverband sieht die Abgabenlast der Unternehmen als Problem an: „Die Politik muss dringend die Sozialsysteme nachhaltig finanzierbar machen. Die Beitragslast muss dauerhaft unter 40 Prozent bleiben.“ Die überbordende Bürokratie ist Unternehmer Ulrich Hofmann ein Dorn im Auge. Und Kulturschaffende wie Carsten Hormes fordern einen Rettungsschirm für kommende Pandemien.

Für Carsten Linnemann sind die Forderungen, mit denen er im Interview konfrontiert wird, nicht neu. Er bedauere unter anderem, dass der von ihm propagierte Unternehmerlohn keine Mehrheit gefunden habe: „Hartz IV ist nicht auf Unternehmer, Künstler und Soloselbstständige zugeschnitten. Deshalb gehen viele leer aus.“ Dieser Fehler dürfe sich nicht wiederholen. Er bedauere auch, dass der seit Jahren geforderte Bürokratieabbau eher das Gegenteil zur Folge habe. Im Interview sprach er sich dafür aus, endlich konkret zu werden und bundesweit 30 Modellregionen zu installieren, in denen jeweils in einem Bereich Bürokratie abgebaut wird. „Das, was funktioniert, wird bundesweit übertragen, das was nicht funktioniert, lässt man. Es gibt ja auch sinnvolle Bürokratie.“

Daher sei es falsch, so Linnemann, wenn sich die Politik nun auch noch in die Homeoffice-Frage einmische. Hier sei eine Regulierung überflüssig. Dies müssten Arbeitgeber und Arbeitnehmer untereinander klären – immer zugeschnitten auf die jeweiligen Möglichkeiten und Bedürfnisse. Und was ist gegen den wachsenden Beamtenapparat zu tun? Linnemann verweist darauf, dass angefangen bei den Kommunen bis hin zu den Ministerien endlich verkrustete Strukturen aufgebrochen werden müssten. „Wir brauchen jetzt das Aufbruch-Ding! Ich werde alles tun, dass das nicht nur ins Wahlprogramm kommt, sondern dass einige Dinge auch umgesetzt werden.“ Der Wahlkampf habe es in sich, weil es um viel gehe. Der Ton werde jetzt schon aggressiver.

Carsten Linnemann als Minister im nächsten Kabinett – ist das eine Option für den Politiker aus Paderborn? „Ich bin bereit, wenn es passt, mehr Verantwortung zu übernehmen. Wenn es nicht so kommt, werde ich mich weiter für die Sache einsetzen. Ich hoffe, dass wir die Kurve bekommen und dieses Jahrzehnt nach vorne bringen.“

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