Einstige DKMS-Beauftragte Ingrid Seipolt überwindet schwere Krise – Paderbornerin ist vom medizinischen Nutzen überzeugt
Yoga ist ihre Kraftquelle
Paderborn/Hövelhof
„Es war so, als hätte mich jemand aus einem fahrenden Zug gestoßen“, sagt Ingrid Seipolt. Sie hat harte Zeiten hinter sich – dabei war sie es, die jahrzehntelang anderen Menschen geholfen hatte. Ingrid Seipolt war das Gesicht der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) im Kampf gegen Leukämie. Tausende Typisierungsaktionen organisierte und betreute sie zwischen 1996 und 2018. Sie war die Teamleiterin für das Büro Westfalen in Hövelhof.
Als sie Ende 2017 aufgrund von Rückenbeschwerden zur Kur nach Bad Aibling reiste, passierte es. Statt auf der Massageliege landete Seipolt auf der Intensivstation eines Krankenhauses. Welche Krankheit sie genau hatte, möchte die 64-Jährige nicht verraten. Jedenfalls sei sie von 100 auf null zurückgeworfen worden.
Statt apathisch herumzusitzen und auf den Tod zu warten, erwachte ihr Kampfgeist und nach den nötigen Arztbesuchen besann sie sich „auf das, was mir immer schon Kraft gab, auf Yoga“. Seipolt wollte ihrem Karussell des Lebens noch einen Schwung geben, und inzwischen ist sie selbst wieder in der Lage, anderen durch Yoga zu helfen. Heilpraktikerin für Psychotherapie war sie bereits, als sie Ende 2018 eine einjährige Ausbildung zur Yoga-Therapeutin in der Paracelsus-Schule in Bielefeld begann.
Die 64-Jährige lebt seit 18 Jahren in Paderborn, sie stammt aus Schloß Holte-Stukenbrock und wurde von ihrem Vater immer wieder zum Wochenmarkt nach Paderborn mitgenommen, wo er Wild und Geflügel verkaufte.
Vom medizinischen Nutzen des Yoga ist sie felsenfest überzeugt. Das Yin-Yoga sorge für das sanfte Dehnen des Körpers, das Hatha-Yoga baue Kraft auf, und hinzu komme der Stressabbau durch Autogenes Training und progressive Muskelentspannung. Mit Yoga ließen sich der ganze Körper oder einzelne Partien wie der Rücken entspannen. Seipolt ist überzeugt: „Wer steif in den Gliedern ist und träge, bei dem kann mit einfachen Übungen das Feuer der Begeisterung für Bewegung entzündet werden.“
Während der Corona-Pandemie startete sie einen Podcast und baute ihre „Yogathek“ auf. Als Teil ihrer Internetseite www.yoga-chalcedon.de enthält die Sammlung 60 Videos mit Übungen für Einwestfasteiger und Profis. Für einen Abopreis von 150 Euro können die Kunden die Beiträge als Anschauungsmaterial so oft nutzen, wie sie möchten.
Ihre Internetseite hat Seipolt nach dem Schmuckstein Chalcedon benannt, der in ihren Augen für Selbstvertrauen und Ausgeglichenheit steht. Sie bietet auch „Stubenyoga“ an und kommt dann zum Beispiel zu einem Mädelsabend ins Haus, um den Damen zu zeigen, wie sie Körper und Geist stärken können. Das „Stubenyoga“ sei eine Alternative für diejenigen, „die sich nicht trauen, in ein Studio zu gehen“.
Im Fitnessstudio Ability Sport in Hövelhof bietet Seipolt regelmäßig Yoga-Kurse an. Ihre „Ladys“, wie sie ihre Teilnehmerinnen in der Sennegemeinde nennt, sind zwischen 60 und 75 Jahre alt. Genau das findet sie wunderbar. Wegen des Jugendwahns in der Gesellschaft würden „Menschen über 50 gar nicht mehr gesehen“, aber auch sie möchte die Therapeutin für Yoga begeistern: „Diese Generation ist mit Strenge erzogen worden und mit dem Satz ‚Lass dich nicht hängen‘ aufgewachsen.“ Yoga gebe ihnen die Möglichkeit, etwas für sich zu tun und ihren Körper wertzuschätzen.
Yoga sei eine „positive Einstiegsdroge“, schwärmt Seipolt, die diese Kraftquelle anzapft, sobald sie morgens aus dem Bett geplumpst ist: „Die Matte auszurollen ist für mich ein Ritual wie Zähne putzen.“ An die schwere Erkrankung denkt sie auch mit einer Portion Fassungslosigkeit zurück. „Auf der Intensivstation habe ich mich darüber beschwert, dass ich kein WLAN hatte“, erinnert sie sich. Sie habe gar nicht mehr gemerkt, wie viel Leistungsdruck sie sich selbst gemacht habe. Yoga habe sie zu sich selbst zurückgeführt, ist sie überzeugt.
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