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Mirko Vogt verlässt nach zwei Jahren als Chefscout den SC Paderborn

„Ich bereue nichts“

Paderborn (WB). Manager Markus Krösche, sportlicher Leiter Martin Przondziono und Chefscout Mirko Vogt – sie waren im Jahr des Bundesliga-Aufstiegs des SC Paderborn ein erfolgreiches Trio hinter Trainer Steffen Baumgart. Nach Krösches Abgang 2019 und Przondzionos Rauswurf am 20. April geht nun auch Vogt. Mit dem 48-Jährigen sprach Matthias Reichstein über seine Gründe, die Corona-Krise und den SCP.

Erst Spieler, dann Trainer und schließlich Scout: Mirko Vogt kennt den Fußball aus verschiedenen Blickwinkeln. Foto: Thomas F. Starke

Herr Vogt, am 30. Juni hören Sie als Chefscout beim SC Paderborn auf. Im Unterschied zu Manager Martin Przondziono verlassen Sie aber freiwillig den Fußball-Bundesligisten. In einer Zeit, in der niemand weiß, wie sich die Corona-Pandemie auf den Profisport auswirkt Warum also gerade jetzt?

Vogt: Wer mich kennt, der weiß, dass ich schon mal zu unorthodoxen Entscheidungen neige. Natürlich spüre ich im Moment, dass die Vereine sehr vorsichtig bei ihren Personalplanungen sind. Das ist auch sinnvoll, weil niemand weiß, wie lange uns diese Krise noch begleiten wird. Aber ich bin und bleibe entspannt. Wenn eine Tür zu geht, dann geht woanders auch wieder eine auf. Deshalb gehen Sie mal davon aus, dass ich ab 1. Juli bei einem neuen Verein arbeiten werde.

Sie betonten sehr oft, dass es eine Trennung ohne Groll ist.

Vogt: Es geht für mich beim SC Paderborn eine wunderbare Zeit mit zwei Aufstiegen in Folge zuende. Ich war ein Teil davon und das macht mich stolz. Markus Krösche hat mit den Einstieg ermöglicht, mit Martin Przondziono ging die vertrauenvolle Zusammenarbeit genauso weiter und sie wäre auch mit dem neuen Manager Fabian Wohlgemuth vernünftig möglich gewesen. Für alles bin ich sehr dankbar. Meine Entscheidung hing aber nicht an Personen, sie stand am Ende eines Prozesses. Ich will noch einmal etwas anderes machen und weitere Erfahrungen sammeln. Andere Gründe gibt es nicht. Deshalb war es auch keine Entscheidung gegen den SCP, sondern für etwas anderes.

Gibt es einen konkreten Plan?

Vogt: Es soll eine Herausforderung sein. Es soll spannend sein. Es gibt da ein paar Optionen für mich, aber noch ist nichts endgültig. Meine Basis bleibt aber Salzkotten. Hier lebe ich mit meiner Frau und den beiden Kindern und so wird es auch bleiben.

Schlaflose Nächste habe ich deshalb nicht mehr

Wenn man auf Ihre Laufbahn als Spieler zurückblickt, bleibt man zunächst an etwas besonders Negativem hängen. Sie spielten in der Saison 1993/1994 bei Rot-Weiss Essen, zogen mit dem Verein bis ins Endspiel um den DFB-Pokal ein und standen am Finaltag in Berlin nicht im Kader.

Vogt: Ich habe vorher gespielt und danach auch noch, nur im Endspiel war ich draußen – das ist für mich auch heute, nach fast 26 Jahren, nicht nachvollziehbar. Das war keine schöne Erfahrung. Auch wenn ich das ganze Drumherum mitmachen und erleben durfte, fühlte ich mich nur als Zaungast. Schlaflose Nächste habe ich deshalb aber nicht mehr. Danach bin ich zum TuS Paderborn-Neuhaus gewechselt und das war vielleicht meine beste Entscheidung. Denn hier in Ostwestfalen habe ich mit meiner Familie den Lebensmittelpunkt gefunden.

Ihr Trainer in Essen war der bereits verstorbene Wolfgang Frank.

Vogt: Genau. Er war ein großartiger Trainer, ein Visionär. Was wir zum Beispiel heute als Viererkette kennen, hat er mit auf den Weg gebracht.

Ihren sportlich größten Erfolg haben Sie mit dem Wuppertaler SV gefeiert.

Vogt: Zweifellos. Das war in meinem zweiten Seniorenjahr 1993. Der Aufstieg in die 2. Liga bleibt unvergessen. Wie das verlorene Pokalfinale mit RWE. Dieser Hype, die vielen Empfänge und Feiern – das war großartig. Aber ich habe dann auch die vier Jahre als Spieler in Paderborn mit Günther Rybarczyk als Trainer und den Spielern Günther Kutowski, Dieter Hecking und Roger Schmidt sehr genossen. Mit dem SC Verl habe ich danach Borussia Mönchengladbach im DFB-Pokal rausgeworfen, mit dem SV Lippstadt bin ich als Co-Trainer innerhalb von zwei Jahren von der Verbandsliga bis in die Regionalliga marschiert. Das war auch der Start von Daniel Farke als Chefcoach, der mittlerweile eine tolle Trainerkarriere bei Norwich City in England gemacht hat. Überall wo ich war, sind Freundschaften entstanden. So wie es gelaufen ist, bereue ich nichts.

Nicht alles, was man im Kopf hat, kann der Spieler umsetzen

Spieler, Trainer jetzt Chefscout – sind Sie eigentlich auf einen Transfer beim SCP besonders stolz?

Vogt: Jeder Transfer beim SCP ist Teamarbeit. Ich habe Markus Krösche, Martin Przondziono oder Steffen Baumgart zugearbeitet und war daher immer nur ein Teil des Ganzen. Aber bei Kay Pröger, Bernard Tekpetey oder Luca Kilian haben wir die besonderen Potenziale gemeinsam erkannt und damit einige Volltreffer gelandet. Entschieden haben aber Krösche und später Przondziono, ich stand da eher in der zweiten Reihe.

Nicht funktioniert haben Tobias Schwede oder Rifet Kapic – zwei Spieler, bei denen die Erwartungshaltung besonders groß war.

Vogt: Natürlich. Aber auch in dem Moment, als diese Spieler verpflichtet wurden, waren wir von den Qualitäten zu 100 Prozent überzeugt. Das ist Part of the Business, das gehört zum Geschäft und es fruchten, aus welchen Gründen auch immer, nie alle Transfers. Grundsätzlich muss man bei jedem Spieler die Fantasie oder die Idee haben, dass er mit seiner Art Fußball zu spielen passt. Aber nicht alles, was man im Kopf hat, kann der Spieler am Ende auch umsetzen. Wichtig ist nur, dass man gemeinsam getroffene Entscheidungen auch gemeinsam nach außen vertritt.

Heute gibt der Verein die Richtung vor, Spieler und Trainer werden dazugeholt. Ist das ein Schlüssel für den Erfolg?

Vogt: Genau das macht den SC Paderborn aus und nur so konnte diese Erfolgsgeschichte geschrieben werden. Dennoch ist die Bundesliga ein dickes Brett. Der SCP kann auch in der höchsten Liga punkten und war bis auf wenige Ausnahmen immer konkurrenzfähig. Das zeigt, dass eine Idee, die man konsequent verfolgt, erfolgreich sein kann. In jeder Liga.

Sie haben in der 2. Liga nicht nur gescoutet, sie haben auch noch die Gegnervorbereitung gemacht und hatten daher einen engen Draht zu Steffen Baumgart. Wie ist Paderborns Trainer in der Zusammenarbeit?

Vogt: Steffen ist ein Typ, immer geradeaus. Man weiß genau, woran man ist. Wir haben ein gutes Verhältnis, ich habe sehr gut mit ihm zusammengearbeitet.

Alles steht und fällt mit den Infektionszahlen innerhalb der Teams

Wie ist der SCP für die Zukunft gerüstet?

Vogt: Gut. Der Verein wird den Weg, den er vor etwas mehr als drei Jahren eingeschlagen hat, fortführen. Dafür steht auch der Name Fabian Wohlgemuth. Mit dem Trainingszentrum und der nun erweiterten Arena sind gute Strukturen geschaffen und weiter verbessert worden.

Glauben Sie, dass die Saison zuende gespielt wird?

Vogt: Schwere Frage. Das alles steht und fällt mit den Infektionszahlen innerhalb der Teams. Ich hoffe es, weil man dann einen sportlichen und damit sauberen Abschluss hätte. Wird die Serie abgebrochen, könnte der SCP davon profitieren. Aber wir sind Sportler, deshalb möchte ich gerne den 34. Spieltag erleben. Das wäre die fairste Lösung.

Wird sich Ihr Job ändern?

Vogt: Das wird die Zeit bringen. Im Moment muss ich mich ausschließlich auf Videosequenzen verlassen. Insgesamt werden sich aber die Vereine bei den Transfers mehr Zeit lassen. Auch die Erlöse werden, zumindest für eine gewisse Zeit, geringer ausfallen.

Werden die Vereine ihre Spielerkader verkleinern?

Vogt: Eher nicht. Den Mega-Kader wird es aber sicher nicht mehr geben. Auf die laufenden Kosten wird in Zukunft mehr geachtet.

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