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Ukraine-Krieg: Kommentar zur Münchner Sicherheitskonferenz

Entsetzt und ernüchtert

China kündigt einen Friedensplan an, während die Ukraine in ihrer Verzweiflung nach Streubomben und Phosphorwaffen ruft und damit den Westen entsetzt. Die Münchner Sicherheitskonferenz – erneut ohne Russland – sorgt vor allem für eines: Ernüchterung.

Bei der Münchner Sicherheitskonferenz steht Chinas oberster Außenpolitiker Wang Yi am Rednerpult. Im Vordergrund: der ehemalige Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger. Foto: Peter Kneffel/dpa

Die Forderung wurde schneller abgeräumt als sie aufgekommen war. Kaum hatte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba auf der Münchner Sicherheitskonferenz die Lieferung von Phosphor-Brandwaffen und Streumunition verlangt, um im Kampf ge­gen Russland zu bestehen, kam das Veto selbst der vehementesten Befürworter von Waffenlieferungen. Zu Recht, denn Streumunition ist völkerrechtlich geächtet.

Versagen des Westens dokumentiert

Doch so groß das allgemeine Entsetzen verständlicherweise war, zeigt der Vorgang auch, wie verzweifelt die Ukrainer sind. Und er dokumentiert das Versagen des Westens. Seit fast genau ei­nem Jahr tobt der Krieg nun – trotzdem haben es die Länder des westlichen Bündnisses nicht geschafft, ihre Rüstungsproduktion entschlossen hochzufahren, um die Ukraine entsprechend beliefern zu können. Denn wäre das der Fall, hätte Kuleba nicht nach Streuwaffen rufen müssen.

Soldaten der russischen Armee üben auf einem Truppenübungsplatz im Gebiet Donezk. Foto: Alexei Alexandrov/AP/dpa

Allein dass es die oft beschworene Leopard-Allianz immer noch nicht gibt und ausgerechnet der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Partner zum Mitmachen animieren muss, spricht Bände. 300 Panzer würden in der Ukraine benötigt, nicht mal 40 hat man bisher zusammen. Bei anderen Waffensystemen und der Munition sieht es leider nicht viel besser aus.

Schlimme Blamage für die Europäer

Das Ganze ist eine einzige Katastrophe für die tapfer kämpfenden Ukrainerinnen und Ukrainer und eine schlimme Blamage für die Europäer. Zugleich beweist es, wie weit der Kontinent und die Europäische Union vom Anspruch einer eigenen Verteidigungs- und Sicherheitsarchitektur entfernt sind. Und Deutschland von der Führungsrolle, von der SPD-Chef Lars Klingbeil immer wieder spricht. So jedenfalls wird die Emanzipation von der Schutzmacht USA niemals gelingen.

Bleibt angesichts der unvermindert brutalen Entschlossenheit des russischen Präsidenten und Kriegsverbrechers Wladimir Putin nur die Hoffnung auf China und dessen nebulöse Ankündigung einer Friedensinitiative? Fast sieht es so aus. „Die Souveränität und territoriale Integrität aller Staaten muss gewahrt werden“, hat der außenpolitische Chefberater Wang Yi in München gesagt – und gewiss waren seine Worte auch als Signal an Russland zu verstehen.

Geschwächter Putin stärkt Chinas Rolle

Doch täusche sich niemand: Chinas Präsident Xi Jinping wägt seine Interessen kühl – und so wenig er Interesse an ei­ner atomaren Eskalation des Ukraine-Krieges haben kann, so wenig gibt es momentan ei­nen Grund für ihn, Russland fallen zu lassen. Im Gegenteil: Ein vom Krieg und den westlichen Sanktionen geschwächter Putin stärkt Chinas Rolle nur umso mehr. All das sind keine guten Aussichten: Zum Entsetzen dieser Sicherheitskonferenz kommt noch Ernüchterung hinzu.

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