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Kommentar zur Gefahr von rechts und links

Mehr extreme Probleme

Es ist bedrückend, was sich am Rand der Gesellschaft breitgemacht hat. Und es ist noch bedrückender, dass es immer weiter in die Mitte hineinwabert. Extremisten gewinnen rechtsaußen, linksaußen und im religiösen Eifer an Boden. Und der Resonanzraum für ihre die Freiheit zersetzenden Bestrebungen wird auch immer größer.

Gregor Mayntz

Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV). Foto: Wolfgang Kumm/dpa

Der Chef der deutschen Spionageabwehr, Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang, brachte es unfreiwillig auf den Punkt, als die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums an diesem Montag von ihm wissen wollten, wie stark ausländische Mächte hinter der Verschärfung von Konflikten in Deutschland steckten. Er glaube nicht, dass die Verschwörungstheorien aus dem Ausland gesteuert würden, schließlich hätten wir „selbst genug Verrückte“.

Natürlich unterscheiden die Dienste zwischen Verschwörungsmythen und extremistischen Vorstellungen und Absichten zur Beseitigung des Systems. Sie tun gut daran. Schließlich steht es jedem in Deutschland frei, daran zu glauben, dass er vor Covid-19 geschützt sei, wenn er sich ein aus Aluminiumfolie selbst gebasteltes Hütchen auf den Kopf setzt. Aber zwischen extremen Überzeugungen und extremistischen Tendenzen mag es im Einzelfall nicht sehr weit sein.

Wer früher wusste, dass er mit seiner Meinung im Dorf als Sonderling keinen Rückhalt findet, wähnt sich durch die Verknüpfung im Internet nun als Teil einer riesigen Bewegung.

Und von dieser sind es nur wenige Klicks zu jenen, die auf die aktuelle Politik andere Antworten geben: extremistische. Nie zuvor schien die Bereitschaft so groß zu sein, aus dem Verfassungsbogen herauszubrechen und damit auch die gegenseitig respektierten Freiheitsrechte im Namen einer Ideologie rechter, linker oder religiöser „Befreiung“ infrage zu stellen. Darauf haben sich in erster Linie die Dienste noch besser einzustellen. Das Extremismus-Abwehrzentrum muss dringend so fit gemacht werden, wie es der Behördenaustausch über islamistischen Terror augenscheinlich ist. Und schließlich muss sich jeder einzelne Demokrat fragen, ob er mit seinem Reden und Handeln die lebendige, ja auch entschiedene Auseinandersetzung in achtsamen Grenzen fördert. Oder dabei vor allem extremistischen Tendenzen Nahrung gibt.

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