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Bielefelder Pioneers Club testet Prototypen eines digitalen Messsystems

Auch in der Büroküche auf Abstand

Bielefeld (WB). Büroküchen sind häufig so eng gebaut, dass man sich fast zwangsläufig näher kommt. Genau das ist aber in Covid-19-Zeiten nicht gewollt. Abstand halten gehört aktuell zu den Grundtugenden, um die Pandemie einzudämmen. Im Bielefelder Pioneers Club, den Fachleute für die Digitalisierung in etablierten Unternehmen und Start-ups gemeinsam als Co-Working-Place nutzen, hat man dafür eine Lösung: einen kamerabasierten Computer, der erkennt, wenn sich zwei Personen näher als die gewünschten 1,50 Meter kommen.

Bernhard Hertlein

Den Blick auf den Bildschirm gerichtet: Heike Wocken (links) von Cocentric mit Christine Bunkowski vom Pioneers Club in der Büroküche des Unternehmernetzwerks für digitale Talente in OWL, das sich im Herzen der Bielefelder Innenstadt befindet. Foto: Thomas F. Starke

Basis des von der Solinger Codecentric AG für den Einsatz in Bielefeld entwickelten Prototyps ist künstliche Intelligenz. Mit ihrer Hilfe „erkennt“ die Kamera, wenn sich zwei Menschen im Küchenbereich aufhalten. Sie misst automatisch den Abstand und zeigt auf einem Bildschirm mittels roter Linie an, wenn das kritische Maß unterschritten wird. Das System könnte stattdessen, wenn gewünscht, natürlich auch ein akustisches Warnsignal abgeben.

Der Bildschirm in der Büroküche zeigt rechts die Personen, die sich im Raum aufhalten, und links den gemessenen Abstand. Foto: Thomas F. Starke

„Wichtig war den Menschen hier im Büro, das der Computer die Kamerabilder nur registriert, nicht abspeichert“, sagt Dr. Meike Wocken, Repräsentantin von Codecentric in Bielefeld. Auch werden sie nicht konkreten Personen zugeordnet. Nach dem erfolgreichen Start im Pioneers Club ist das nächste Projekt mit einem Prototypen in der Kantine eines Unternehmens bereits vereinbart.

Auch in Außenbereichen einsetzbar

Darüber hinaus scheint der Weg aus der Büroküche in die Welt draußen vorprogrammiert. Wocken gehörte bei einem Hacketon, der vom Digitalisierungsbüro der Stadt Bielefeld und dem Projekt Open Innovation City veranstaltet wurde, zu einem Team, das unter dem Namen BieSpotty die Grundlagen für ein System entwickelte, das die Personendichte an neuralgischen Punkten einer Innenstadt feststellt. Auch in diesem Fall geschieht dies mit Hilfe von Kameras und Künstlicher Intelligenz, die den Typ Mensch identifiziert und zählt, ohne Bilder von konkreten Personen abzuspeichern.

Die Erkenntnisse, die BieSpotty gewinnt, könnten am Ende im Internet oder den Nutzern einer App – zum Beispiel des Bielefelder Nahverkehrsunternehmens Mobiel – Hinweise geben, ob sie bestimmte Plätze aufsuchen wollen oder den Trip in die CIty doch besser verschieben. Denkbar sind einfache Anzeigen in den Ampelfarben. Aktuell liegt das Projekt, so berichtet Wocken, beim Datenschutzbeauftragten in NRW zur Begutachtung.

Im corona-geplagten Berlin sind schon zwei Einsätze geplant: zum Mobilitätsfest am 31. Oktober auf dem Steinplatz und, erst am 8. Mai 2021, beim Berliner Demokratie- und Europafest.

Alternativ zur Kamera könnten auch Infrarot-Sensoren eingesetzt werden. Im Rahmen der Smart City Lemgo nutzt Fraunhofer IOSB-INA zur Messung der Kundenzahl in einem Laden eine spezielle Lichtschranken-Technologie. Für die digitale Warn-Abstandsmessung wiederum ist Wocken zufolge der Einsatz in Sporthallen geplant – dort, wo es an Eingängen gern zu Stauungen kommt. Ganz nebenbei wird dabei auch die Besucherzahl festgestellt.

Im Sportsektor ist Cocentric, 2005 gegründet und inzwischen an 16 Standorten aktiv, schon länger mit einem anderen Produkt am Markt. Tactics AI – AI steht für Artificial Intelligence, Künstliche Intelligenz – wird von Trainern zur Videoanalyse von Spielaufzeichnungen genutzt. Eine weitgehend automatisierte Analyse erleichtert die Nutzung für einzelne Spieler und das gesamte Team.

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