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Corona-Pandemie hat die Situation des Paderborner Autozulieferers verschärft

Benteler holt sich Sanierer in Vorstand

Salzburg/Paderborn (WB). Bei Benteler geht die Restrukturierung in eine neue Phase. Am Freitag teilte das Unternehmen am Konzernsitz in Salzburg mit, dass der 2018 begonnene Umbau der Unternehmensgruppe intensiviert und beschleunigt werde. Um ihn zu managen, bestellte der Konzern mit Arno Haselhorst einen neuen vierten Vorstand. Er soll die Restrukturierung leiten.

Bernhard Hertlein

In der Benteler-Produktion. Foto: Benteler

Haselhorst, seit Donnerstag und zunächst für etwa ein Jahr Chief Restructuring Officer (CRO) bei Benteler, ist Gründer und Chef der Starnberger Unternehmensberatung

Haselhorst Associates. Vorher arbeitete er unter anderem für Roland Berger. Er hat seit mehr als zehn Jahren Erfahrung mit der Autozuliefererbranche. So war er zuletzt als Chefsanierer bei dem Zulieferer Ifa in Haldensleben in Sachsen-Anhalt im Einsatz.

Ziel sei es, Benteler finanziell gestärkt in die Zukunft zu führen, erklärte Vorstandschef Ralf Göttel. In diesem Zusammenhang und auch als Folge der Einschnitte durch den Lockdown in der Corona-Pandemie müssten Kosten gesenkt und die Effizienz der Werke weiter verbessert werden.

Automobilsparte seit 2018 in der Neuausrichtung

Die Neuausrichtung der Benteler-Automobilsparte, die etwa 80 Prozent des Konzernumsatzes erwirtschaftet, hat 2018 begonnen. Ausgangspunkt war die Erkenntnis, dass der Konzern sein Geschäftsmodell den Veränderungen im Sektor Mobilität anpassen müsse. Ein Schwerpunkt bildet seitdem die Konzentration und Zusammenarbeit mit Partnern bei der Entwicklung von Zulieferteilen für die Elektroautos. Unterm Strich könnten, so wird in Paderborn vermutet, auch einige hundert Stellen wegfallen. Benteler ist auf dem Automobilsektor traditionell Spezialist für Fahrwerks-Komponenten und Abgassysteme. Neue Prozess- und Werkstofftechnologien sowie Leichtbaulösungen sind in der Entwicklung.

Stahlrohrhandel 2019 verkauft

Im Jahr 2019 trafen neue Erschütterungen im zweiten Geschäftsbereich Stahlrohr den Konzern. Nachdem Benteler 2018 in diesem Bereich noch ein gutes Ergebnis erwirtschaftet hatte, geriet dieser im Jahr darauf durch asiatische Konkurrenz, die teilweise mit Dumpingpreise arbeite, unter Druck. Hinzu kam, dass die Ölindustrie als ein großer Kunde bis heute unter dem Preisrückgang für Benzin leidet. Benteler trennte sich aus strategischen Gründen von seinen Aktivitäten im Stahlhandel und startete noch im vergangenen Jahr ein sogenanntes Zukunftssicherungsprogramm. In dessen Rahmen sollen die Kapazitäten den veränderten Bedingungen angepasst werden. Dabei geht es nach Konzernangaben um den sozial verträglichen Abbau von bis zu 600 Stellen bis Ende 2022. Ein kleinerer Standort in Bottrop soll geschlossen werden.

Corona-Pandemie hat die Krise verschärft

Die Corona-Krise hat die finanzielle Situation von Benteler verschärft. Verhandlungen mit den Kreditgebern und mit dem Staat dauern an. Der Konzern nutzte die Möglichkeiten der Kurzarbeit. Auf die Frage, ob weitere Arbeitsplätze abgebaut werden müssten, erklärte die Sprecherin: „Die Pandemie hat die Situation verschärft. Benteler konnte sich von dieser Entwicklung nicht abkoppeln.“ Die Situation werde geprüft und danach entscheiden, ob die bereits geplanten Maßnahmen ausreichend seien.

Insgesamt beschäftigt die Benteler Gruppe etwa 30.000 Menschen, davon insgesamt etwa 7000 in Paderborn, Lich­tenau-Kleinenberg, Warburg und Bielefeld. Sie erzielt einen Umsatz von etwa 7,7 Milliarden Euro. Haselhorst wird seinen Arbeitsplatz in der Konzernzentrale in Salzburg haben, aber viel zu den Werken unterwegs sein, erklärte eine Sprecherin des Konzerns. Größter Standort von Benteler ist Paderborn.

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