Skandal um "One Love"-Armbinde
Die Kosten der Moral
Doha
Die Fußball-WM in Katar ist erst zwei Tage alt – und bestätigt ihre Kritiker schon in nahezu jeder Hinsicht. Ein sportlich offenbar nicht konkurrenzfähiges Gastgeberteam, ein bis zur Unsportlichkeit desinteressiertes einheimisches Publikum – und obendrauf der Skandal um die „One Love“-Armbinde.
Die europäischen Verbände (Deutschland, England, Niederlande, Belgien, Schweiz, Wales, Dänemark), deren Mannschaftskapitäne mit der mehrfarbigen Binde (angelehnt an das von der Fifa verbotene Regenbogen-Modell) auflaufen wollten, haben dem Druck der Fifa nachgegeben und verzichten nun auf diese symbolische Aktion.
DFB-Präsident Bernd Neuendorf, ein ausgewiesener Medienprofi und erfahrener SPD-Politikmanager, hat mit seinem Statement versucht, der Öffentlichkeit das gemeinsame Einknicken der sieben Uefa-Nationen als europäische „Solidarität“ zu verkaufen. Immerhin, so lassen sich Neuendorfs Sätze deuten, hätte der DFB finanzielle Strafen für das Tragen der Binde in Kauf genommen. Allerdings keine sportlichen Strafen für Teamkapitän Manuel Neuer oder Punktabzüge für die Mannschaft.
Dabei wäre genau das wahrscheinlich das stärkste Signal gewesen: Sieben west- und nordeuropäische Länder sind bereit, für ihre Haltung mit sportlichem Misserfolg zu bezahlen. Und genau dazu sind sie eben nicht bereit. Was verständlich und auch nicht weiter schlimm ist. Deswegen hat sich Frankreich nicht darauf eingelassen.
Wer im Vorfeld das moralische Level so hoch legt, der muss es dann auch halten. Denn Zeichen nur dort zu setzen, wo es nichts kostet und keine Folgen hat, ist nicht viel wert. So wie der Schriftzug „Diversity wins“ (Diversität gewinnt) auf der Lufthansa-Maschine, mit der die Mannschaft nicht in Katar gelandet ist, sondern nur im Oman. Der Schaden, der droht: Zeichen, die der Fußball nach dieser WM setzen will, werden als Gratismut abgetan.
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